Filmemacher und Archiv-Enthusiast Gustav Deutsch.

Foto: Eszter Kondor

Mit seinen Filmen erlangte Gustav Deutsch Bekanntheit. Im Bild: "So leben wir", der 2018 bei der Diagonale gezeigt wurde.

Foto: Diagonale

Ein Trailer verdichtet in knapp einer Minute die passionierte Ausrichtung von Gustav Deutschs Werk: Brennende Häuser sind auf einem Stück Nitratfilm zu sehen, das selbst durch Wasser arg Schaden nahm. Das Sujet verschmilzt mit dem Material und erwacht im Jetzt der Projektion (akzentuiert von Christian Fennesz' Musik) neu zu Leben: "Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche", steht am Ende zu lesen, ein Zitat Gustav Mahlers, hier dem Filmarchiv gewidmet.

Das Feuer für den Film brannte in Gustav Deutsch wahrlich ein Leben lang. Am bekanntesten ist wohl seine Reihe Film ist., die Mitte der 1990er-Jahre mit einem Viennale-Trailer bekannt und bis 2009 mit Film ist. A Girl and a Gun zu seiner persönlichen Taxonomie der Bewegtbilder des Kinos anwuchs. Der Avantgardefilm hatte sich immer für die Zeichensysteme des Films begeistert, bei Deutsch behielt das frühe Kino noch in der instruktiven Vermittlung viel von seinem ursprünglichen Zauber, der Magie.

FilmFestivalViennale

Die wiederkehrenden Muster des Film zu dechiffrieren, bedeutete für ihn auch, sie von neuem zu aktivieren. Nicht von ungefähr nahm Deutsch auf Tom Gunnings Begriff vom "Kino der Attraktionen" Bezug, der das Laufbild als ein Kind der Spektakel des Jahrmarkts betrachtete.

1952 in Wien geboren, studierte Deutsch Architektur an der TU und nahm in den 1970er-Jahren an der Arena-Besetzung teil. Im Umfeld der Medienwerkstatt trat er für ein sozial engagiertes Filmschaffen ein, seine ersten kollaborativen dokumentarischen Arbeiten – etwa Asuma– entstanden hier. Mit Adria-Urlaubsfilme 1954-68 wandte er sich erstmals Found-Footage-Material zu; in diesem Fall Amateur-Urlaubsfilmen über des Österreichers liebster Sommerdestination, ein Film, der sich bereits durch Deutschs so analytischen wie liebevoll respektvollen Gestus auszeichnete.

Spiefilmprojekt über Edward Hopper

Gemeinsam mit seiner Lebenspartnerin, der Künstlerin Hanna Schimek, war Deutsch immer wieder außerfilmisch aktiv, etwa mit Konferenzen über das Reisen, bei denen es auch um die Verbindung von Kunst und Wissenschaft ging. Auch den Sprung zum Spielfilm nahmen sie beherzt: Shirley – Visions of Reality (2014) erzählt von der fiktiven Laufbahn einer US-Schauspielerin, die Handlungssets wurden dabei ausschließlich entlang der Gemälde von Edward Hopper entworfen.

Zuletzt war Gustav Deutsch für das Filmmuseum-Projekt Am Rand: die Stadt noch ganz dem Wienbild von Hobbyfilmern zugetan. Der Abschluss dieses Vorhabens ist für den 14. November geplant, was der Avantgardist nun nicht mehr erleben sollte. Am Samstag ist der Filmkünstler nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 67 Jahren in Wien gestorben. (Dominik Kamalzadeh, 3.11.2019)