Die Seilbahnverbindung von Kaprun mit dem Kitzsteinhorn, die im Dezember eröffnet wird, gilt als ökologisch beispielhaft. Dennoch hat sich das Projekt über Jahre gezogen.

Foto: Gletschbahnen Kaprun AG

Die aktuelle Aufregung über das "Schneeband" der Kitzbüheler Bergbahnen am Resterkogel hat bei manchen den Eindruck verstärkt, dass Skigebietsbetreibern kaum umweltrechtliche Schranken für den immer weitergehenden Ausbau von Seilbahnen oder Pisten gesetzt werden. In der Branche ist wiederum zu hören, dass zahlreiche Vorhaben durch den Widerstand von Umweltorganisationen oder Bürgerinitiativen bzw. den strikten Rechtsrahmen verunmöglicht werden. Was stimmt nun?

Skigebietserweiterungen sind Eingriffe in Natur und Umwelt. In den meisten Genehmigungsverfahren über Skigebietserweiterungen geht es jedoch um handfeste umweltrechtliche Diskussionspunkte, wie nachfolgende beispielhafte Aufzählung zeigen soll:

  • Neuerschließung versus Erweiterung oder Zusammenschluss bestehender Skigebiete
    Aus fast allen Gästebefragungen geht hervor, dass die Größe eines Skigebiets und die Anzahl der zur Verfügung stehenden Pistenkilometer beim potenziellen Gast einen entscheidenden Faktor für sein Buchungsverhalten darstellen. Neuerschließungen von Skigebieten sind aber mittlerweile in den meisten Bundesländern unzulässig. Dies führt dazu, dass neue Ski-Infrastruktur eigentlich nur bei der Erweiterung oder beim Zusammenschluss bestehender Skigebiete geschaffen werden kann.

  • Lange Verfahrensdauer
    Das ist ein Dauerbrenner wie bei sonstigen umweltrechtlichen Genehmigungsverfahren. So dauerte es rund acht Jahre, bis die Anbindung der Gemeinde Piesendorf an das Skigebiet der Schmittenhöhe im Bundesland Salzburg genehmigt war. Ein wenig länger dauerte das Verfahren für die Verbindung der Bergbahnen am Arlberg und Kappl. Dieses Projekt wurde allerdings wegen zu wenig gewichtiger öffentlicher Interessen vom Bundesverwaltungsgericht abgelehnt.

  • Tier- und Pflanzenartenschutz
    Hier handelt es sich um unionsrechtliche Vorgaben aus der EU-Vogelschutz- bzw. der EU-Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, die in österreichisches Recht implementiert wurden. Bei Skigebietserweiterungsprojekten werden oft Lebensräume streng geschützter Tierarten wie zum Beispiel Auerhuhn, Birkhuhn oder Schneehuhn tangiert. Erweiterungs- bzw. Zusammenschlussprojekte enthalten daher durchwegs anspruchsvolle ökologische Begleitmaßnahmen zur Hintanhaltung bzw. Minderung dieser Eingriffe. Aber auch Flächen, welche bereits längere Zeit als Skipisten genutzt werden, sind nicht zwangsläufig für die Natur "verloren". Im Gegenteil: Eine ganz aktuelle Studie über ökologisches Pistenmanagement auf der Schmittenhöhe im Bundesland Salzburg hat gezeigt, dass sorgfältige Pistenpflege ohne Düngung und mit geringer Mähhäufigkeit sogar die Grundlage für eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt schafft!

  • Alpenkonvention und ihre Zusatzprotokolle
    Das ist ein vergleichsweise weniger bekanntes völkerrechtliches Instrumentarium zum Schutz und zur nachhaltigen Entwicklung der Alpen. Auslegungsfragen dieses Regelwerks tauchen durchwegs bei umweltrechtlichen Genehmigungsverfahren für Seilbahn- oder Pistenprojekte auf, obwohl es sich klarerweise nicht nur der wintertouristischen Infrastruktur widmet. Dass diese völkerrechtlichen Vorgaben keineswegs "zahnlos" sind, bekam das Erweiterungsvorhaben "Mutterer Alm – Axamer Lizum" zu spüren: Ihm wurde die Genehmigung wegen Widerspruchs zur Alpenkonvention versagt.

  • Beteiligung der Öffentlichkeit in umweltrechtlichen Genehmigungsverfahren
    Gerade Umweltorganisationen wie der Österreichische Alpenverein engagieren sich oft und gerne in Verfahren über die Erweiterung von Skigebieten. Daneben sind in den jeweiligen naturschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren auch die Umweltanwaltschaften der jeweiligen Bundesländer eingebunden. Die Verfahrensbeteiligung betont kritischer Einrichtungen führt in aller Regel dazu, dass in den Genehmigungsverfahren durchwegs ökologisch anspruchsvolle Projekte eingereicht werden.

  • Interessenabwägung im Naturschutz- und Forstrecht
    Die Abwägung widerstreitender öffentlicher Interessen ist im Forstrecht bzw. in den jeweiligen Landes-Naturschutzgesetzen durchwegs schon seit langem etabliert. Vereinfacht gesagt geht es darum, dass eine (naturschutzrechtliche oder forstrechtliche) Genehmigung dann erteilt werden kann, wenn das öffentliche Interesse an der Umsetzung des Vorhabens entgegenstehende Naturschutzinteressen oder das Walderhaltungsinteresse überwiegt. Das hört sich nun einfacher an, als es ist: Zwar ist das Interesse an einer funktionierenden Fremdenverkehrswirtschaft in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung schon seit mehreren Jahren anerkannt, die Schwierigkeit besteht aber oft darin, wie ein Betreiber im Genehmigungsverfahren ein solches öffentliches Interesse, das über das betriebswirtschaftliche Interesse des Unternehmens hinausgeht, überhaupt konkret nachweisen kann.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Skigebietserweiterungen sind durchwegs anspruchsvoll. Betreiber können sich auch in Zukunft nicht nur der Frage widmen, ob sie mehr Pistenkilometer anbieten als die Konkurrenz, sondern müssen sich mit einem verantwortungsvollen Umgang mit Natur und Landschaft auseinandersetzen. Tun sie das nicht, haben ihre Projekte keine Chance. (Paul Reichel, 4.11.2019)