Schluss.

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München – Nach dem sportlichen Offenbarungseid bekommt Niko Kovac keine Chance auf Wiedergutmachung: Bayern München und sein Trainer haben sich nach dem desaströsen 1:5 (1:2) bei Eintracht Frankfurt getrennt, gab der Klub am Sonntagabend bekannt.

"Die Leistungen unserer Mannschaft in den vergangenen Wochen und auch die Resultate haben uns gezeigt, dass Handlungsbedarf bestand", sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Die Entscheidung sei das "einvernehmliche" Ergebnis eines Gesprächs, das er zusammen mit Präsident Uli Hoeneß und Sportdirektor Hasan Salihamidzic mit Kovac geführt habe.

Sogar der Trainer sagte, es sei "zum jetzigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung für den Klub. Die Ergebnisse und auch die Art und Weise, wie wir zuletzt gespielt haben, haben mich zu diesem Entschluss kommen lassen." Kovac hatte sich durch unglückliche Aussagen selbst in die Bredouille gebracht und es nicht geschafft, der Mannschaft seine Handschrift zu verpassen.

Hansi Flick übernimmt

Bis auf Weiteres wird Co-Trainer Hansi Flick die Mannschaft betreuen. "Ich erwarte jetzt von unseren Spielern eine positive Entwicklung und absoluten Leistungswillen, damit wir unsere Ziele für diese Saison erreichen", sagte Salihamidzic, dessen Kaderplanung die Entwicklung begünstigte.

Zunächst hatte es so ausgesehen, als dürfe Kovac am Mittwoch in der Champions League gegen Olympiakos Piräus und am Samstag im Bundesliga-Schlager gegen Borussia Dortmund noch einmal die Verantwortung tragen. Doch dann ging es ganz schnell. Nicht einmal eineinhalb Jahre nach dem Amtsantritt ist seine Ära bei den Bayern bereits wieder beendet.

Realist Kovac

Der Coach hatte schon direkt nach dem Spiel wenig Zuversicht auf eine dauerhafte Weiterbeschäftigung gezeigt. "Ich weiß, wie das Geschäft läuft. Ich bin nicht naiv oder blauäugig", sagte er nach der desolaten Vorstellung am Samstag. Schon in seiner ersten Saison war der frühere Bayern-Profi in die Kritik geraten, mit dem Gewinn des Doubles verdiente er sich aber eine vorläufige Weiterbeschäftigung.

Auf der Bayern-Homepage sprach er am Sonntagmorgen von einem "herben Schlag". Wichtig sei, "dass man diese Niederlage abschüttelt", "die Köpfe frei" bekomme. Das versuchten die Spieler im Leistungszentrum und in kleineren Gruppen auf dem Trainingsplatz an der Säbener Straße.

Viele Probleme

Die Münchner Probleme sind vielfältig. Eklatant waren in Frankfurt die spielerischen Mängel, zu einfach die Fehler, die seine Mannschaft immer wieder produziert. "Annahme, Mitnahme, Pass – das sind die Grundelemente im Fußball. Von diesen Basics machen wir zu viele Fehler. Das müssen wir abstellen", hatte Kovac gefordert. Eine Entwicklung war nicht erkennbar, nur fünf der zehn Ligaspiele in dieser Saison wurden gewonnen. Tabellenplatz vier heißt die Realität.

Der Vergleich mit der dunklen Ära Jürgen Klinsmanns wurde zuletzt immer wieder bemüht, seit Samstag ist der Rückfall in diese Zeit auch statistisch zu erkennen. Die Niederlage in Frankfurt war die höchste in der Bundesliga seit dem 1:5 in Wolfsburg im April 2009. Für Klinsmann war damals etwas mehr als drei Wochen später Schluss, Kovac blieb nur noch einen Tag im Amt.

Neuer unzufrieden

Sinnbildlich für das verschwundene Selbstverständnis der Bayern waren die Aussagen von Kapitän Manuel Neuer nach dem Spiel. Von der Niederlage zeigte er sich wenig überrascht. "Es hat sich für mich schon ein bisschen abgezeichnet. Es ist kein Wunder für mich, was da passiert ist", sagte er und erwartete "sehr unruhige" Tage in München.

Die Mannschaft sei intakt, betonte Neuer. "In der Mannschaft sind wir überhaupt nicht gespalten. Wir verstehen uns sehr gut miteinander, wir reden nicht übereinander, sondern miteinander. Die Motivation ist nicht das Problem, jeder Einzelne will."

Die Partie in Frankfurt lief für die Bayern früh in die falsche Bahnen. Nach neun Minuten flog Jerome Boateng nach einer Notbremse mit Rot vom Platz, sämtliche taktischen Überlegungen waren "über den Haufen geworfen", wie Kovac feststellte. Bei den Gegentoren stellte sich sein Team mehr als einmal dilettantisch an. (sid, 3.11.2019)