Es gibt Motoren, die einen über ihre Evolutionsstufen begeistern, wo sie einem begegnen. Im 2,0-Liter-Vierzylinderbereich mit Turbobeatmung wäre das die Maschine, die einem vom Golf GTI bekannt ist, aber längst weiter eingesickert ist in Modelle und Marken des VW-Konzerns. Bei BMW wird wiederum ein Aggregat, das uns schon im X2 M35i und im M135i begegnet ist, jeweils mit Allrad gereicht, was nur vernünftig ist. Und jetzt eben auch im facegelifteten Mini Clubman, die scharfen Versionen hören dort bekanntlich auf den werkenden Hansi Cooper, John Cooper Works, kurz: JCW.

306 PS hat der neue John Cooper Works nun.
Foto: Andreas Stockinger
Grafik: der Standard

306 PS in einem Mini? Ja bist du des Bayern fette Beute, könnte man da tönen – und träfe gleich mehrere Punkte. Einerseits, lassen Sie uns etwas abschweifen, begeht Mini heuer den 60. Geburtstag, das will gefeiert werden, die Marke ist ja neben Rolls-Royce als einzige Beute aus dem sonst desaströs verlaufenen britischen Abenteuer verblieben. Mit der Premium-Kleinwagenmarke fährt BMW heute satte Gewinne ein.

Was vom Kleinwagen blieb

Ein andermal aber, was sind diese Minis, im Original Kleinwagen reinster Sorte, doch fett geworden. Bis hinauf in den 4,30-Meter-Bereich reicht das inzwischen, siehe Countryman.

Der hier, von dem die Rede ist, liegt mit 4,27 m Länge praktisch auf Augenhöhe mit dem VW Golf, und wasdennwiedenn, ein Mini mit 306 PS?!? Wo er doch bisher mit 231 PS schon alles andere als untermotorisiert war. Ist das überhaupt zu bändigen, zu derfahren? Aber ja doch, die Leistung lässt sich aber nur – sozusagen – abfedern mit einem geradezu gnadenlos straffen Fahrwerk, in das im Zuge des Facelifts immerhin die allernötigsten Komfortreserven eingebaut wurden.

Der Clubman hat Split Doors statt einer Heckklappe.
Foto: Andreas Stockinger

Erst einmal wurde der Maschine der sonore Sound einer Kampfhornisse anerzogen. Dann verwaltet die 8-Gang-Automatik, wiederum Aisin, weil Quereinbaumotor und Frontantriebsplattform, die Leistung sachgerecht und in notfalls nötiger Schnelligkeit, wenn man zum Beispiel über die Wippen am Lenkrad selbst ins Geschehen eingreift, aber auch sonst – wobei Sport- und Normalmodus noch einmal deutlich gespreizt sind.

Sperre

Das mechanische Sperrdiff vorn ist ein weiterer Mosaikstein auf dem Weg zu jener erstaunlichen Fahrdynamik, die diesem JCW-Clubman eignet. Und dass die 306 Pferde nicht mit ihm durchgehen, dafür sorgt auch, wie gesagt, der Allradantrieb.

Trotz 1625 kg Leergewicht – Stichwort: fett – kommt die Maschine mit dem Mini so souverän zurecht, wie man das rechtens erwarten wird, und was darf sie brauchen? 9,1 l / 100 km ergaben sich bei uns im Testschnitt.

Der Clubman trägt jetzt hinten auch den Union Jack in den Leuchten, aber in die Breite gezogen, so wie sich der Brexit in die Länge zieht.
Foto: Andreas Stockinger

Wer so was kauft? Man staunt immer wieder, dass solch sündteure Hochleistungsgeräte rund um die Welt weggehen wie die warmen Semmeln, und damit zu den restlichen Betrachtungen.

Die Modellpflege hat dem Clubman ein paar charakteristische Details aus der Miniwelt weitergereicht, die hinteren LED-Lichter etwa tragen jetzt auch den Union Jack, nur eben Cinemascope-mäßig in die Breite gezogen, so wie sich der Brexit in die Länge zieht.

Der Testwagen war überhaupt ein optisch bunter Hund. Satter blauer Grundton, fetzige Rallyestreifen, Außenspiegel und Dach in Rot. Innen drin auch viel, für manche vielleicht sogar eindeutig zu viel Designspielerei, bis hin zum Schottenmuster in der Ablage vor den Becherhaltern vor dem Schaltknüppel.

An Designspielereien fehlt es auch im Innenraum nicht.
Foto: Andreas Stockinger

Extravagantestes Element am Clubman sind und bleiben natürlich die beiden Hecktüren, Split Doors sagen die Engländer – mit angewandter Vitruv-Reminiszenz (De architectura): geteilter Blick -, deren Flügel sich auch aus der Ferne per Schlüssel einzeln öffnen lassen. Dahinter verbirgt sich ein für Mini-Verhältnisse außerordentlich brauchbarer Kofferraum mit 350 bis 1250 Liter Laderaum. Daran hat sich nichts geändert. War gut, ist gut. (Andreas Stockinger, 10.11.2019)