Griff jahrelang auf den umstrittenen Gutachter zu: das Bundesverwaltungsgericht, das über Berufungen gegen Asylbescheide entscheidet.

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Er war für hunderte negative Asylentscheidungen mitverantwortlich: der einzige Asylgutachter für Afghanistan, den Irak und Syrien in Österreich, Karl Mahringer. Nun darf Mahringer diese Tätigkeit nicht mehr ausüben. Das hat der Verwaltungsgerichtshof im September rechtskräftig entschieden, wie Ö1 berichtet. Bereits vor mehr als einem Jahr hatte das Landesgericht für Zivilsachen in Wien diese Entscheidung getroffen, Mahringer hatte sich im Instanzenweg dagegen beschwert.

Befunde für Abschiebungen

Der Sachverständige, dessen Name in mehr als 600 Asylentscheidungen erwähnt wird, war von Asylanwälten immer wieder wegen Qualitätsmängeln kritisiert worden. Trotzdem zogen Asylbehörden und das Bundesverwaltungsgericht ihn weiter als Experten heran. Zahlreiche negative Asylentscheidungen, die sich unter anderem auf seine Befunde stützten, führten dazu, dass Menschen nach Afghanistan abgeschoben wurden.

Der Verwaltungsgerichtshof erklärt in seiner Entscheidung, dass es Mahringer an "Vertrauenswürdigkeit" mangle, weil er sich in Zeitungsinterviews tendenziös über Afghanen und das Asylsystem geäußert hatte. Explizite Kritik an Mahringers Gutachtertätigkeit übte der VwGH nicht.

Landeskundler ohne Landeskenntnis

Auch die dem VwGH untergeordnete Instanz, das Bundesverwaltungsgericht, hatte Mahringer die Gutachtertauglichkeit zuvor zwar abgesprochen, aber ebenfalls nicht dezidiert von Qualitätsmängeln gesprochen. Was insofern verwundert, als die Erstinstanz sehr wohl klare Aussagen trifft: Von "mangelhaften länderspezifischen Kenntnissen" ist in dem Bescheid, der dem STANDARD vorliegt, die Rede – und das, obwohl Mahringer in der Justiz jahrelang als gern gebuchter Sachverständiger für Länderkunde geführt wurde.

Das Bundesverwaltungsgericht, in dessen Dienst Mahringer in den vergangenen Jahren regelmäßig stand, griff diese massive inhaltliche Kritik des Zivilgerichts in seiner Entscheidung im Mai nicht auf. Mahringer war indes weiterhin als Gutachter tätig.

Ob Mahringer für etwaige Qualitätsmängel zur Verantwortung gezogen wird, ist fraglich. Die negativen Asylentscheidungen werden vom Gericht offenbar nicht neu aufgerollt. Jurist Lukas Gahleitner von der Asylkoordination fordert, dass die Justiz aus der Causa lernt: Der Fall Mahringer, so Gahleitner, sei nur möglich gewesen, weil es keinerlei Eignungskriterien für Sachverständige gibt – und daran hat sich auch mit Mahringers Aberkennung nichts geändert. (Maria Sterkl, 4.11.2019)