Der Linke Fernerkogel sorgt in der Diskussion rund um die geplante Tiroler Gletscher-Ehe für Kontroversen.

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Pitztal/Ötztal – Die geplante "Gletscher-Ehe" der Tiroler Skigebiete im Ötztal und Pitztal sorgt auch am Montag für Diskussionen. Bis Mittag konnte eine Online-Petition 45.000 Unterschriften gegen den geplanten Zusammenschluss sammeln, am Montagabend waren es bereits mehr als 50.000. Doch auch Befürworter des Projekts meldeten sich zu Wort, allen voran die Projektbewerber.

Linker Fernerkogel als Stein des Anstoßes

Diese beklagen sich über gestreute Fehlinformationen. Eine Sprengung des Gipfels des Linken Fernerkogel sei kein Thema. Dies sei eine bewusste Falschmeldung. "Das ist unrichtig und widerspricht schlichtweg den Tatsachen", teilten die Projektbewerber in einer Aussendung mit. Bei der geplanten Begradigung einer Felskuppe handle es sich um eine Gratspitze.

Der Gipfel des Linken Fernerkogel werde zu keinem Zeitpunkt von den Projektarbeiten für einen Zusammenschluss der Gletscherskigebiete berührt. Auch die kolportierten 750.00 Kubikmeter Gesteinsabtrag seien völlig aus dem Kontext gerissen. Wahr sei vielmehr, dass für die Begradigung der Gratspitze, auf der eine Zwischenstation einer Verbindungsbahn errichtet werden soll, 120.000 Kubikmeter an Erdbewegung nötig seien, hieß es seitens der beiden Skigebiete.

Pro: "Weiterentwicklung der Region"

Auch die Plattform "Lebensraum Pitztal" ist für die Gletscher-Ehe. Sie besteht aus Pitztaler Jungunternehmern und erhofft sich wirtschaftlichen Aufschwung. Die Plattform wollte sich vorige Woche Gehör verschaffen und überreichte Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) einen offenen Brief. Der Tourismus sei wirtschaftliche Grundlage des Pitztals, "die infrastrukturelle Weiterentwicklung der Gletscherbahn ist somit eng mit der Weiterentwicklung der ganzen Region verbunden". Naturschutz und touristische Weiterentwicklung im Pitztal würden sich außerdem nicht ausschließen, hieß es darin.

Contra: Ausbaugrenzen erreicht

Dem stehen Umwelt-NGOs gegenüber, etwa Alpenverein, WWF und die Naturfreunde. Sie machen schon seit geraumer Zeit gegen das Vorhaben mobil und fürchten eine nachhaltige Beeinträchtigung des Naturhaushalts auf dem bisher unberührten Gletscher. Die Ausbaugrenzen seien schlicht erreicht. Dieser Ansicht ist auch Gerd Estermann, der die Online-Petition ins Leben gerufen hatte. Er fordert die Festlegung verbindlicher Ausbaugrenzen und eine Novellierung des Tiroler Seilbahn- und Skigebietsprogramms (TSSP).

Erstmal warten

Wie geht es weiter? Aktuell werden Gutachten für die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingeholt. Eine mündliche Verhandlung soll Anfang Dezember stattfinden. Da aber noch nicht alle Gutachten vorliegen, könnte sich das Prozedere verzögern. Die Tiroler Regierungsparteien ÖVP und Grüne berufen sich jedenfalls auf das Behördenverfahren. Im Regierungsprogramm hielt man fest, dass das Projekt "außer Streit gestellt" wird. Die Grünen sprachen sich aber gegen den Zusammenschluss in der geplanten Form aus und wünschen sich nur eine Überspannung zur Fusion der Skigebiete.

Konkret geht es um die geplante Errichtung des "größten zusammenhängenden Gletscherskigebiets in Europa". Mit zusätzlichen 64 Hektar an Skipisten sollen die Lifte im Ötztal mit jenen im Pitztal verbunden werden. Drei Seilbahnen, ein asphaltierter Speicherteich und die Planierung, Überschüttung sowie Abtragung von 72 Hektar gewachsenem Gletscher stehen laut den Umweltorganisationen auf dem Plan. Auch ein 600 Meter langer Skitunnel und die Schleifung eines Berggrats am Linken Fernerkogel um 40 Höhenmeter sind vorgesehen. (APA, red, 4.11.2019)