Elizabeth McGovern und Gabriel Byrne stecken im Aufzug fest. Draußen vernichten Aliens gerade die Menschheit.


Foto: Fox

Schon wieder Dystopie. Die Lust am Niedergang von Gesellschaften in allen nur erdenklichen Konstellationen lässt seit geraumer Zeit nicht nach. Serien sind besonders anfällig für solcherart zukunfts- oder gegenwartspessimistische Auslegungen. Beispiele wie 8 Tage, The Handmaid's Tale, The Man in the High Castle, Black Mirror oder Westworld entwerfen Gesellschaften, die weitaus schlechter sind als jene Welt, in der man selbst lebt. Das sorgt für wohlig dosierte Unruhe – und wenn es dazu legendäre Vorlagen gibt, umso besser.

In der Serienfassung von Krieg der Welten – ab Mittwoch auf Fox – hat sich die Katastrophe schon ereignet. Leichen pflastern die Wege von Bill und Helen (Gabriel Byrne, Elizabeth McGovern), die in einem Aufzug eingeschlossen überlebten und nun das ganze Ausmaß der vorangegangenen Apokalypse erkennen. Leere Straßen, geplünderte Geschäfte, kein Radio, kein Internet, nichts geht mehr. Das ging ja schnell. Und wohin jetzt? Nach Hause – wenn es denn noch eines gäbe. Und was ist, wenn es wieder passiert? Und was ist eigentlich passiert?

Fox-Trailer zu "War of the Worlds".
FOX Nederland

Schlag nach bei H. G. Wells, anno 1898: Außerirdische waren da, und sie meinten es nicht gut mit uns. Die moderne Version von Howard Overman (Misfits), Johnny Capps (Merlin) und Julian Murphy (Crazyhead) spielt im Hier und Jetzt – vor und nach dem Alienangriff. Drei Handlungsstränge erzählen die Misere, die schon mehrmals verfilmt und 1938 von Orson Welles zum legendären Radiodrama vertont wurde.

Das realistische Setting war den Machern der Serie wichtig. Bei der Erzählung setzt man auf klassische Versatzstücke aus Katastrophenfilmen: Niemand will die Warnungen des Wissenschafters Bill ernst nehmen. Er und die Astrophysikerin Catherine Durand (Léa Drucker) und die junge Sarah (Natasha Little), die übernatürliche Kräfte entwickelt, müssen sich in diesem Schlamassel behaupten.

"Wir haben uns gegen eine postapokalyptische Welt mit Feuer und Kreaturen entschieden", sagte Regisseur Gilles Coulier in Medieninterviews. "Stattdessen sind alle einfach umgefallen, wo sie waren. Auf eine sehr seltsame Weise fühlte es sich sehr beruhigend an. Es ist nur Stille."

BBC-Trailer zu "The War of the Worlds".
The Eve Of The War

Was macht die Dystopie als Erzählform so interessant? Am Beispiel von Krieg der Welten lässt sich das historisch deuten. Die Geschichte kanalisierte bereits im Original kulturelles Unbehagen. Als H. G. Wells seinen Roman aus der viktorianischen Zeit schrieb, hatte er Kolonialismus im Sinn. Als Orson Welles 1938 sein berühmtes Hörspiel aufführte, kommentierte er die Gefahren der Massenkommunikation.

Gesellschaftliches Unwohlsein mag ein Motiv für die Wiederbelebung von Krieg der Welten 2019 gewesen sein, vor allem aber hängt die Wiederaufnahme mit aktuellen Bedingungen einer Massenproduktion zusammen, der es inzwischen offenbar an guten Stoffen mangelt. Der Alienangriff in diesem Krieg der Welten wurde für den französischen Sender Canal+ in Zusammenarbeit mit Fox Europe produziert und spielt in Frankreich.

Flucht und Vertreibung

Nur wenige Kilometer entfernt ist das Ende ebenso nah: Die BBC erzählt ihren eigenen Krieg der Welten in vier Teilen. Historisch nahe am Original findet die Marsattacke im London des späten 19. Jahrhunderts statt.

Auf die französische Attacke folgen Flucht und Vertreibung und das Fehlen jeglicher Sicherheiten. Die ersten Kometen schlagen erst nach siebzig Minuten ein, Marsmännchen sucht man in den ersten beiden Folgen, die DER STANDARD vorab sah, vergeblich. Das Grauen steckt in der Nebelwand. Vorher fällt die Mobiltelefonie aus. Schlimmer kann es nicht kommen. (Doris Priesching, 5.11.2019)