Vier Tage arbeiten, drei Tage frei – bei gleichbleibendem Gehalt. Was für viele Arbeitnehmer Wunschdenken ist, war für die 2.300 Angestellten von Microsoft Japan im vergangenen August Realität. Der Konzern wollte damit einerseits testen, wie sich die Arbeitszeit auf die Produktivität seiner Mitarbeiter auswirkt. Andererseits sollten sich die Angestellten mit der "Work Life Choice Challenge" in der gewonnenen Zeit persönlich weiterentwickeln und sich stärker auf ihre Familie konzentrieren.

Das Ergebnis des Experiments: Laut Microsoft Japan steigerte sich die erbrachte Leistung im Untersuchungszeitraum um knapp 40 Prozent – gemessen am Umsatz pro Kopf. Verglichen wurden die Werte mit jenen von August 2018. Die Mitarbeiter waren also weniger lang im Büro, schafften dafür aber mehr Arbeit.

Hier ist auch ein psychologischer Effekt nicht auszuschließen: Wer seine Arbeit in kürzerer Zeit erledigen muss, strengt sich vermutlich mehr an. Das kann auch zu mehr Stress führen – und, dass die Arbeit ein weniger sozialer Ort wird. Das schreibt die Journalistin Felicitas Wilke in der "Süddeutschen Zeitung": "Still und konzentriert zu arbeiten, möglichst ohne Ablenkung, das ist zwangsläufig Teil des Konzepts." Dabei gehe so manches verloren, "was die Arbeit zu mehr macht als zum bloßen Broterwerb".

Um Zeit einzusparen, hat Microsoft Japan vorher Rahmenbedingungen festgelegt: Etwa durften Besprechungen maximal 30 Minuten dauern, auch sollten mehr Videokonferenzen abgehalten werden, um lange Anfahrten zu vermeiden. Damit reduzierte der Konzern nicht nur seinen Energieverbrauch um 23,1 Prozent, sondern auch den Papiermüll. 58,7 Prozent weniger Seiten wurden gedruckt.

Positives Feedback

Auch die Mitarbeiter fanden es – wenig überraschend – gut. Rund 92 Prozent von ihnen gaben im Anschluss positives Feedback. Alle Ergebnisse liegen noch nicht vor, doch weil das Feedback so gut ausfiel, möchte Microsoft Japan im Winter ein ähnliches Experiment zu flexibleren Arbeitszeiten durchführen.

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Laut Microsoft Japan steigert sich die erbrachte Leistung in einer Vierstundenwoche um rund 40 Prozent – gemessen am Umsatz pro Kopf.
Foto: Reuters

Das ist auch vor dem Hintergrund interessant, dass Japan eines der Länder ist, wo die Menschen am längsten arbeiten. Seit diesem Frühjahr gilt eine Höchstzahl von 100 Überstunden im Monat und 720 Überstunden im Jahr. Laut einer Studie der japanischen Regierung von 2016 gaben 23 Prozent der befragten Firmen an, dass manche ihrer Mitarbeiter auf mehr als 80 Überstunden pro Monat kommen. Ein Jahr zuvor wurden 93 Fälle von Selbstmord oder versuchtem Suizid infolge von Überarbeitung offiziell anerkannt. Tod durch Überarbeitung ist in Japan so verbreitet, dass es dafür sogar ein eigenes Wort gibt: Karoshi.

Immer mehr Unternehmen erhoffen sich durch kürzere Arbeitszeiten mehr Produktivität und testen die Viertagewoche. Zuletzt zeigte eine Untersuchung aus Neuseeland Anfang des Jahres die positiven Auswirkungen davon. Die Mitarbeiter waren demnach nicht nur produktiver als bei einer Fünftagewoche, sondern auch glücklicher und weniger gestresst. (set, 5.11.2019)