Es soll doch den einen oder anderen Wanderer geben, der das auf Almen grasende Vieh für den Bestandteil eines Streichelzoos hält – mit schmerzhaften und manchmal auch letalen Folgen, Stichwort "Killerkuh".

Foto: APA/EXPA/ JOHANN GRODER

Man muss nicht in die Ferne schweifen, um sich in (Lebens-)Gefahr zu begeben. Diese Erkenntnis kam Markus Lesweng wohl nachdem er sein Werk "How to kill yourself abroad", einen "Atlas für Waghalsige, Leichtsinnige und Lebensmüde", abgeschlossen hatte. Denn man muss nicht rund um den Globus jetten, um auf Attraktionen zu treffen, die einem dabei helfen, die eigene Lebenserwartung zu verringern.

Und so nahm sich der gebürtige Kölner im Nachfolgeprojekt "How to kill yourself daheim" dreier hochgradig unterbewerteter Reiseländer an, die diesbezüglich auch jede Menge zu bieten haben: Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auch in der DACH-Region gibt es jede Menge Gefahren, die quasi vor der Haustür lauern. Diese versammelt er in diesem "Atlas für wahnsinnig Heimatverbundene und heimatverbundene Wahnsinnige". Gefragt ist dann nur noch ein wenig Einsatz, gepaart mit viel Leichtsinn – und schon kann der geneigte Reisende seinen CO2-Fußabdruck mehr oder weniger elegant auf null setzen. In jedem Fall empfiehlt es sich, noch vor Reisebeginn eine umfassende Lebensversicherung abzuschließen.

Kuhattacken

Gewürzt mit jeder Menge schwarzem Humor erzählt der Autor in diesem etwas anderen Reiseführer von den faszinierendsten wie gefährlichsten Orten, die in der eigenen Heimat liegen, gespickt mit Anekdoten und Statistiken.

So zitiert er eine gerne bemühte Statistik im Zusammenhang mit Kuhattacken – nämlich dass jedes Jahr mehr Menschen von Kühen getötet werden als von Weißen Haien. Ein Vergleich, der natürlich hinkt, wie Leswang schreibt: denn nur sehr selten hüpfen Menschen in das Revier der Raubfische, um mit ihnen zu kuscheln. Doch es soll den einen oder anderen Wanderer geben, der das auf Almen grasende Vieh für den Bestandteil eines Streichelzoos hält – mit schmerzhaften und manchmal auch letalen Folgen, Stichwort "Killerkuh". Wer es also darauf anlegt, von einer solchen auf die Hörner genommen zu werden, der solle sich doch zum Beispiel im Tiroler Pinnistal (aber natürlich auch auf jeder anderen Alm, wo – an sich harmlose – Wiederkäuer den Sommer verbringen) umsehen. Am besten, man nimmt auf diesem Ausflug noch einen Hund mit, schon kann der Spaß beginnen. Wer es lieber mit Wölfen aufnimmt, sollte sich in den Walliser Alpen (Schweiz) umsehen oder in den Karawanken, wenn er Braunbären bevorzugt.

Watschen von links ... und rechts

Wer allerdings mehr Wert auf menschlichen Kontakt legt, dem seien die Reiseziele unter den Stichworten "Haue von rechts" beziehungsweise "Haue von links" ans Herz gelegt. In Themar, Thüringen, stehen die Chancen gut, sich von Nazis verprügeln zu lassen. Im Hamburger Schanzenviertel, genauer rund um die "Rote Flora", wiederum könne man die Gewaltbereitschaft der linksextremen Szene am eigenen Leib erfahren. Wer es drauf anlegt, könne sowohl da wie dort eine Kippa tragen – denn rechts wie links, "Israel-Kritik" liege beiden Szenen sehr am Herzen.

Sportliche Lebensmüde mit einer gehörigen Portion Selbstüberschätzung finden in der DACH-Region zahlreiche Möglichkeiten, ihre Dummheit unter Beweis zu stellen. Leswengs Vorschläge reichen vom Tauchunfall im Blautopf (Blaubeuren, Baden-Württemberg, Deutschland) über einen Motorradunfall im steirischen Eisenerz und einen Sturz in den Canyon in der Viamala-Schlucht (Thusis, Graubünden, Schweiz) bis hin zum Skiunfall auf der Streif in Kitzbühel. Der Fantasie scheinen hier keine Grenzen gesetzt.

Fazit: "How to kill yourself daheim" empfiehlt sich selbstverständlich nur bedingt als Reiseführer. Eignet sich aber als unterhaltsame (Urlaubs-)Lektüre, auch wenn einem dabei fallweise das Lachen im Halse stecken bleibt. (max, 6.11.2019)