Nur wenige Asylwerber haben die Chance, eine Lehre zu beginnen. Für jene, die einen Platz ergattert haben, sowie für ihre Ausbildungsbetriebe, will das Parlament nun eine Lösung finden, um überraschende Abschiebungen zu unterbinden.

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Die Frage, ob gut integrierte Asylwerber abgeschoben werden können oder nicht, wirft weiter Fragen auf. Die vergangene ÖVP-FPÖ-Regierung wollte Asylwerber, die eine Lehre absolvieren, noch während der laufenden Ausbildung abschieben können, ein entsprechendes Gesetz wurde auch beschlossen. Doch liefen nicht nur Wirtschaftsvertreter, sondern auch einige empörte ÖVP-Mitglieder dagegen Sturm, sodass die Kurz-Partei letztlich vor der Wahl Zugeständnisse machte. Im Parlament stimmten dann alle Parteien außer der FPÖ für entsprechende Entschließungsanträge.

Minister sucht Einigung

Innenminister Wolfgang Peschorn, der diese Entschließungsanträge jetzt umsetzen muss, steht aber vor einer schwierigen Aufgabe: Die Anträge sind nämlich widersprüchlich. Die ÖVP will nur jene Asylwerber, die derzeit in Lehre sind, vor einer Abschiebung vor dem Lehrabschluss schützen. Liberalere Stimmen möchten die Frage für künftige Zeiten fix geregelt wissen, sie fordern eine Gesetzesänderung, damit Asylwerber und ihre Ausbildner mehr Sicherheit haben und vor überraschenden Abschiebungen geschützt sind.

Um diese Fragen zu klären und einen Kompromiss zu finden, führt Peschorn am Dienstag Gespräche mit allen Parteien. Der Minister ist der Ansicht, dass er nur dann einen Abschiebestopp verfügen kann, wenn ihm das Gesetz dazu den Auftrag gibt. Ein solches Gesetz gibt es aber derzeit nicht, das Parlament müsste erst ein solches beschließen. Das Treffen mit Peschorn soll also auch dazu dienen, einen etwaigen Beschluss vorbereiten zu können.

Der oberösterreichische Landesrat Rudi Anschober (Grüne), der die Initiative "Ausbildung statt Abschiebung" ins Leben gerufen hat, der sich auch zahlreiche ÖVP-Sympathisanten angeschlossen haben, ist in dieser Frage auf Peschorns Linie. Er fordert, "rasch Nägel mit Köpfen zu machen". Er schlägt vor, die Aufgabe, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, nicht dem Innenminister alleine zu überlassen, sondern "in einer möglichst großen Breite auf Parteiebene" eine Lösung zu suchen.

Deutsches Modell als Vorbild

Wobei Anschober im Ö1-"Morgenjournal" dazu aufruft, den betroffenen Lehrlingen auch für die erste Zeit nach dem Lehrabschluss Rechtssicherheit zu bieten. Es könne nicht sein, dass sie am Tag nach der Prüfung von Fremdenpolizisten abgeholt werden. Anschober schwebt ein Modell analog zu Deutschland vor: Dort sind Asylwerber trotz negativen Asylbescheids auch nach dem Lehrabschluss noch zwei weitere Jahre vor Abschiebung geschützt, wenn sie innerhalb von sechs Monaten einen Job im Lehrberuf finden.

Derzeit liegen drei Urteile des österreichischen Bundesverwaltungsgerichtes vor, die eine liberalere Regelung stützen, wobei das AMS Revision eingelegt hat. Laut Anschober stehen höchstgerichtliche Entscheidungen "in den nächsten Wochen" bevor. (red, 5.11.2019)