London – In seiner ersten großen Wahlkampfrede hat der britische Oppositionsführer Jeremy Corbyn Premierminister Boris Johnson schwere Vorwürfe gemacht. "Bei dieser Wahl versucht Boris Johnson, den Brexit zu missbrauchen, um unser nationales Gesundheitssystem (NHS) und die Werktätigen dieses Landes zu verkaufen", sagte der Chef der Labour Party am Dienstag im südenglischen Harlow.

Großbritannien und die USA würden im Geheimen über Medikamentenpreise verhandeln. Zudem würden die Vereinigten Staaten vollen Marktzugang für US-Pharmaprodukte verlangen.

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Jeremy Corbyn startet in den Wahlkampf.
Foto: AP/Dunham

Absprachen dementiert

Labour wirft der konservativen Regierung vor, sie wolle bei einem Freihandelsabkommen mit den USA den NHS "verscherbeln". Dadurch würden etwa Medikamente deutlich verteuert. In Sprechchören riefen Corbyns Anhänger: "Nicht zum Verkauf!" Johnson und US-Präsident Donald Trump haben Absprachen dementiert.

Die vorgezogene Wahl ist für den 12. Dezember geplant. Offiziell beginnt der Wahlkampf erst nach der Auflösung des Parlaments in der Nacht auf diesen Mittwoch.

Guardian News

Corbyn will eigenen Deal

Johnson betonte bei einer Kabinettssitzung die Erfolge seiner Regierung. In einem Brief warf der Premier seinem Herausforderer Corbyn vor, noch keinen klaren Brexit-Plan im Falle eines Labour-Wahlsiegs vorgelegt zu haben. Corbyn betonte in Harlow erneut, das Thema werde innerhalb von sechs Monaten vom Tisch sein. Der Parteichef will einen eigenen Deal mit der EU aushandeln und anschließend den Briten in einer Volksabstimmung vorlegen. Es werde keine Wiederholung des Brexit-Referendums von 2016 sein, sagte Corbyn. "Dieses Mal wird die Wahl sein, mit einem vernünftigen Abkommen die EU zu verlassen oder drinzubleiben."

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Boris Johnson lobt bei einer Kabinettssitzung seine Erfolge.
Foto: Reuters/Akmen

Die Liberaldemokraten, die vehement für einen EU-Verbleib kämpfen, kündigten an, sich nach der Wahl nicht an einer Koalition zu beteiligen. Weder Johnson noch Corbyn seien für das Amt des Premierministers geeignet, sagte Parteichefin Jo Swinson in London. Sie will selbst Premierministerin werden. Angesichts des britischen Mehrheitswahlsystems, das die großen Parteien begünstigt, werden Swinson aber kaum Chancen ausgerechnet. (APA, 5.11.2019)