Sich in Yves-Klein-Manier ins Leere stürzen: Künstlerin Maria Anwander hat für Aktionen wie diese den Förderpreis der Tiroler Klocker-Stiftung bekommen.

Foto: ANWANDER / AUBRECHT

Zu einem Saugroboter, der seine Runden durch die Galerie dreht, gehört ein an die Wand gedruckter Warnhinweis: "Achtung, in dieser Ausstellung werden von einem Staubsauger Audio- und Videosignale aufgezeichnet. Die Daten können gespeichert und an Dritte weitergegeben werden." Klingt nach manipuliertem Gerät, ist in Wahrheit aber eine Beschreibung dessen, was die smarten Haushaltshelfer ohne weiteres Zutun können: nämlich Daten und Informationen sammeln, die dann via Smartphone-App oder Cloud-Dienst weitere Verbreitung finden, als es ihren Besitzern bewusst ist.

Magritte lässt grüßen, wenn Maria Anwander einen Saugroboter unter dem Titel Ceci n'est pas un aspirateur seine Arbeit verrichten lässt. Allerdings steht hier anstelle des Verhältnisses zwischen Bild, Wort und Wirklichkeit jener Widerspruch zur Diskussion, der sich zwischen dem Ruf nach Schutz der Privatsphäre und der Bereitwilligkeit auftut, mit der wir uns bis in die staubigsten Winkel der eigenen vier Wände hinein ausspionieren lassen. Anwander, 1980 in Bregenz geboren, erhielt im Oktober den mit 5.000 Euro dotierten Förderpreis der Tiroler Klocker-Stiftung. Die damit verbundene, von Tereza Kotyk kuratierte Ausstellung in der Galerie Goldener Engl in Hall ist eine gute Gelegenheit, sich einen Überblick über ein Werk zu verschaffen, das mit konzeptuellem Ansatz und subversivem Humor an Themen wie Überwachung, Autorenschaft und ganz besonders an den Regeln und Hierarchien des Kunstbetriebes rüttelt.

Aufs Korn nehmen

Mit klandestinen Aktionen in Museen und Galerien nimmt Anwander Erwartungshaltungen aufs Korn und bastelt sich selbstironisch ihre eigene Erfolgsbiografie. Für Auftritte in wichtigen Institutionen entwirft sie fiktive Ausstellungspläne, einen an die Wand des New Yorker MoMA gedrückten Kuss kennzeichnet sie per Titelschild als Schenkung an das Museum. Anderswo verewigt sich die Künstlerin an der Sponsorenwand oder klaut Titelschilder, die sie dann als My Most Favourite Art ausstellt. Angeblich verbringt der durchschnittliche Ausstellungsbesucher ja ohnehin mehr Zeit damit, Wandtexte zu lesen, als mit dem Betrachten der Kunst an sich.

Aus einem dichtem Schilder- und Zitatewald sprießen heitere Institutionskritik und Reflexionen über Geschlechterhierarchien im Kunstbetrieb: John Baldessaris Throwing Three Balls in the Air to Get a Straight Line aus dem Jahr 1973 kommt da als kastrierte Version daher, die Künstlerin stürzt sich in Yves-Klein-Manier ins Leere. Womit auch sehr persönliche Erfahrungen verknüpft sind: Die Entscheidung für oder gegen die Gründung einer Familie habe sie gerade als Künstlerin besonders schwierig empfunden, sagt Anwander. Heute lebt sie mit Tochter und Partner Ruben Aubrecht in Berlin. Das Paar tritt auch als Künstlerduo auf – man trifft sich inhaltlich nicht zuletzt beim lustvollen Unterwandern von bestehenden Systemen und Strukturen. (Ivona Jelčić, 5.11.2019)