Tino Valentinitsch und Alex Wiederin sind alte Freunde. Wie lange sie sich kennen, wissen die beiden Kreativen, der eine stammt aus einer Designerfamilie, der andere hat sich als Creative Director einen Namen gemacht, selbst nicht mehr so genau. 20 oder doch schon 30 Jahre.

Aber sie wissen, was sie seit langem verbindet: Die Liebe zu Kunst, Mode, Design – und Uhren. "Wir können stundenlang über das Aussehen eines Zeigers diskutieren", scherzen die beiden Designer beim Interviewtermin in einem Wiener Innenstadtlokal.

Deshalb war es nur eine Frage der Zeit, erzählen sie weiter, bis zu dem Entschluss, eine eigene Uhrenmarke zu gründen und eigene Zeitmesser zu gestalten. Die erste Idee dazu hatten sie bereits vor sechs Jahren, 2019 war es dann so weit, ihr Baby, die Aluminium-Quarzuhr "AL-Time", erblickte das Licht der Welt.

Wollen der Zeit ihre Leichtigkeit wiedergeben: die Designer Tino Valentinitsch (links) und Alex Wiederin.
Foto: Guenter Parth

STANDARD: Braucht die Welt noch eine weitere Uhrenmarke?

Tino Valentinitsch: Ja. Nächste Frage bitte.

Alex Wiederin: Natürlich. Denn das ist unsere Antwort auf die Smartwatch, quasi die "dumme" Watch. Besser: die leichte Watch. In New York tragen junge Menschen keine Smartwatch, die ist viel zu schwer.

Valentinitsch: Wer die trägt, wirkt auch immer ein bisserl nerdig. Wie früher die Jungs mit den Taschenrechner-Uhren.

STANDARD: Wie sind Sie auf Aluminium als Uhrenmaterial gekommen?

Valentinitsch: Zeit sollte nicht schwer wiegen, das war unser Grundgedanke. Deshalb sollte auch die Uhr nicht zu schwer sein. Man sollte seine Zeit leichteren Dingen widmen, die einem wichtig sind. Daher war es naheliegend, Aluminium zu nehmen.

Wiederin: Man vergisst sozusagen, dass man die Uhr am Handgelenk hat. Wir wollen unsere Herangehensweise auch nicht als großartiges Uhrmacherhandwerk definieren. Die Uhr soll ein Designobjekt sein. Wir haben das Design als Patent angemeldet. Denn die Bauweise erlaubt es, dass man deutlich weniger Schritte braucht, um die Uhr zusammenzubauen.

Valentinitsch: Wir haben das Material ausgereizt. Die Uhr ist in einer speziellen Bauweise ausgeführt, was die Uhr noch einmal leichter macht. Die große Challenge für die Uhrenbauer war, dass wir hier mit Dingen und Techniken daherkamen, die man im Uhrenbau nicht kennt. So konnten die Schweizer mit dem Aluminiumprofil, in dem das Gehäuse eingebettet ist, zunächst nichts anfangen.

Wiederin: Dabei kennt das jeder Fenstermacher.

STANDARD: Wie unterscheidet sich der Designprozess einer Uhr von der Gestaltung anderer Objekte?

Valentinitsch: Wir sind beide absolute Uhrenliebhaber und -sammler. Für Givenchy hatten wir schon einen Zeitmesser designt. Damals haben wir begonnen, uns intensiv mit dem Thema Uhrendesign auseinanderzusetzen. Dabei sind wir auf diverse Designs gestoßen, wo wir uns gesagt haben: So sollte unsere Uhr einmal aussehen. Dazu kam, dass wir eine Uhr schaffen wollten, die zwar hochwertig ist, aber auch leistbar. Deshalb war der Fokus auf eine preiswerte Quarzuhr, die es auch ermöglicht, verschiedene Farben aufzugreifen und unterschiedliche Looks zu erzeugen.

Wiederin: Das haben wir schon beim Design miteinzubeziehen versucht. Der Gedanke war, etwas für jeden zu machen. Deshalb gibt es die Uhr auch in vielfältigen Varianten. Wir wollten eine Uhr mit klassischer Anmutung, die sich aber in den Details von klassischen Zeitmessern unterscheidet, von denen gibt es eh schon genug.

Valentinitsch: Im Grunde haben wir den Archetyp einer Luxury Sport Watch genommen und diesen einer Neuinterpretation unterzogen.

Ein speziell entwickeltes Aluminiumprofil trägt ein wasserdicht gekapseltes Uhrwerk und verleiht der Uhr ihre spezielle Seitenansicht.
Foto: Guenther Parth

STANDARD: Ein mechanisches Werk einzubauen war nie die Idee?

Wiederin: Es gibt eine kleine Limited Edition mit einem Automatikwerk. Das war zwar auch günstig, dennoch wären wir damit nie auf den Preis gekommen, den wir gerne haben wollten. Mit einem mechanischen Werk wird die Uhr gleich doppelt so teuer. Damit kämen wir im Verkauf in Sphären, wo wir nie hinwollten. Es sollte eine Uhr sein, bei der man nicht lange nachdenken muss, ob man sie kauft oder nicht.

STANDARD: Sie soll demnach vor allem Impulskäufer ansprechen?

Wiederin: Nicht nur das. Wir wollten ein demokratisches Produkt, von dem man sich auch mehrere zulegen kann. Unsere Zielgruppe ist ganz klar: junge, designaffine Menschen. In New York sind es junge Fotografen und Models, die sie wirklich gerne tragen. Leute, die Uhren nicht als Prestigeobjekt sehen und die aktiv sind.

STANDARD: Man hat in der Uhrenindustrie momentan das Gefühl, dass alle Hersteller nur noch ihre eigenen Archive für Neuauflagen durchforsten ...

Wiederin: Das zieht sich durch alle Bereiche: Es werden alte Filme neu gedreht etc. Als ob den Kreativen die Ideen ausgehen. Wir haben versucht, uns den Prototyp einer Uhr vorzustellen, die Essenz. Wir glauben, es ist die simpelste Art, wie man eine Uhr zeichnen kann. Wir würden gerne die moderne Swatch werden, wenn ich das mal so frech sagen darf. Allerdings eine hochwertigere, denn die Swatch ist für mich schon fast eine Wegwerfuhr. Unsere Uhr ist zu 100 Prozent recyclebar.

Die Uhren gibt es in vielfältigen Varianten.
Foto: Guenter Parth

Valentinitsch: Außerdem: Man schmeißt eine Uhr nicht weg. Das tut doch weh, das macht man nicht.

STANDARD: Nach welchen Kriterien sammeln Sie Uhren?

Wiederin: Es gibt keine Präferenzen.

Valentinitsch: Nach Designkriterien.

STANDARD: Gibt es gar keine Uhr, die Sie gerne hätten?

Valentinitsch: Die Original Nautilus von Patek Philippe. Eine hervorragend schön designte Uhr, auch Porsche-Design-Uhren von IWC sind wunderbar.

Wiederin: Die Tank von Cartier möchte ich auch noch erwähnen.

STANDARD: Was hat es mit der einzigen Zahl auf dem Zifferblatt auf sich, der 13?

Wiederin: Sie steht für eine Extrastunde, die man sich dafür nimmt, um nur das zu machen, was man wirklich möchte. Das Ausleben dieser einen Extrastunde würde das Leben aller Menschen besser machen. Es geht darum, mehr Dinge überlegt zu machen und über Zusammenhänge nachzudenken. (Markus Böhm, RONDO, 2.12.11.2019)