Hoch lebe das Buch! Die Buch Wien feiert es als größte Branchenmesse des Landes bis Sonntag.

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Benedikt Föger, seines Amtes als Hauptverbandspräsident des Österreichischen Buchhandels waltend, bei der Vergabe des Österreichischen Buchpreises am Montag.

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Der Buchmarkt ist heuer um 2,3 Prozent gewachsen, die Buch Wien startet am Mittwochabend also mit einem guten Gefühl. Österreichs größter Branchentreff ist mit 385 Ausstellern und 400 Programmpunkten bis Sonntag zudem erneut größer als im Vorjahr. Bei Benedikt Föger, Präsident des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels (HVB), laufen alle Fäden der Branche zusammen.

STANDARD: Können Sie die Frage, wie es dem Buchmarkt geht, noch hören?

Föger: Seit vielen Jahren schwingt in der Frage mit, dass es ihm schlecht gehe. Die Lage hat sich in den letzten zehn Jahren sicher verschärft, im Moment geht es ihm aber gut. Er ist stabil, was im Vergleich zu anderen Branchen schon viel ist. Nach wie vor ist jedes auf Amazon gekaufte Buch ein Schaden, aber Buchhändler haben gut auf die Digitalisierung reagiert. Sie haben sich auf ihre Vorzüge besonnen und versuchen nicht, die ganze Welt zu erreichen, sondern ihre Klientel besser zu versorgen. Natürlich würden wir aber ein stärkeres Wachstum brauchen, um allen Beteiligten ein gesundes Überleben zu sichern.

STANDARD: Sie haben an der Studie, die dem deutschen Buchmarkt voriges Jahr um sechs Millionen Leser weniger auswies, schon damals gezweifelt ...

Föger: Dass uns anteilsmäßig so viele Leser abhandengekommen wären, haben wir in Studien nicht erkannt.

STANDARD: Ist der heimische Markt kein "kleineres Deutschland"?

Föger: Von der Grundstruktur her sind die Märkte vergleichbar, der heimische Markt wird zu 80 Prozent von Produkten aus deutschen Verlagen dominiert. Aber es gibt etwa regionale Erfolgstitel ...

STANDARD: Bücher über Sebastian Kurz und die FPÖ sind an die Spitzen der Bestsellerlisten geklettert ...

Föger: Auch das Buch von Reinhold Mitterlehner war ganz vorn dabei, ja. Solche Bücher haben zumindest kurzfristig einen starken Effekt.

STANDARD: Schaut man sich die Monatsstatistiken an, geht es da wahnsinnig rauf und runter. Das ist auch Folge einer Zuspitzung des Marktes auf immer weniger erfolgreiche Titel ...

Föger: Ja, die Studie war ein Weckruf, dass Leute mehr Zeit mit Netflix verbringen und Geld, das vorher in Bücher investiert wurde, für solche Dinge ausgeben.

STANDARD: Was unternimmt man als Verleger dagegen?

Föger: Bei vielen Verlagen ist in der Herstellung zu beobachten, dass noch höherwertiger gearbeitet wird. Druckereien haben sich sehr auf Arten der Veredelung wie Prägung oder besondere Lackierungen spezialisiert. Kunden, die wegen der Haptik gedruckte Bücher kaufen, schätzen das. Es gibt bei Czernin bereits seit einiger Zeit nur noch 20 Neuerscheinungen im Jahr statt wie davor 30. Wir bringen weniger Titel heraus, verkaufen in Summe aber mehr Bücher! Auch wenn das schade für die Autoren ist, die nicht mehr vorkommen, ist es für die anderen besser. Denn wir können sie so besser betreuen.

STANDARD: Wo sind Strukturen sonst noch überholt?

Föger: Wir machen uns natürlich Gedanken, wie wir die Zukunft des Buchhandels absichern können. Einerseits muss man im Bereich der Leseförderung bei der Jugend ansetzen. Ich bin aber auch der Überzeugung, dass eine Branche, die wie unsere in der Mitte der Gesellschaft steht, sehr hellhörig im Bereich der Ökologisierung sein muss. Wenn sie zukunftsträchtig sein will, muss sie auch, was diese Debatten angeht, Vorreiter sein. Das betrifft die Herstellung wie auch den Umgang mit den Mitarbeitern.

STANDARD: Was heißt das konkret?

Föger: Das reicht vom Bleichmittel fürs Papier bis zum Einschweißen der Bücher. Einschweißen ist bald vorbei. Das wird vielleicht noch mit hochwertigen Büchern passieren, da es auch unökologisch ist, wenn man ein ganzes Buch wegschmeißen muss, weil es durch den Transport leicht ramponiert ist. Diese Umstellung erfordert aber auch, dass Kunden bereit sind, Bücher zu kaufen, wenn sie einen Riss im Schutzumschlag haben. Das ist der richtige Weg, auch wenn es nicht immer einfach oder wirtschaftlich günstiger ist.

STANDARD: Heuer ist im EU-Parlament eine von Ihnen unterstützte Urheberrechtsreform beschlossen worden. Die Buchpreisbindung dürfte unter einer ÖVP-Regierungsbeteiligung weiterhin unstrittig sein. Haben Sie weitere Forderungen an die Politik?

Föger: Dass ihr bewusst ist, wie groß die Branche rund um Literatur ist. Sieben der zehn größten Verlagshäuser weltweit sitzen in Europa! Und dass man sich bewusst macht, dass wir die Inhalte liefern, die intellektuell in Debatten verwertet werden. Auch hinter Film, Theater, Musiktheater ist Literatur. Sie ist wichtig für die nationale Identität und Kultur eines Landes. (Michael Wurmitzer, 6.11.2019)