Raf Camora gehört zu den Persönlichkeiten, die dem Deutschrap in den letzten Jahren ihren Stempel aufgedrückt haben.

Foto: Sebastian Reuter

Rap, der von der Straße kommt oder es behauptet, ist meistens teleologisch. Man stammt aus unterprivilegierten Verhältnissen, will es ganz nach oben schaffen und es den Zweiflern beweisen. Wenn man es dann wirklich schafft, ergibt sich die paradoxe Situation, dass man nicht mehr viel zu erzählen hat: Über die Automobile im Fuhrpark zu rappen wird auch eingefleischten Fans schnell langweilig. Der Kampf um Anerkennung interessiert immer mehr als der Erfolg.

Schwer erfolgreich und etwas seicht

Raf Camora, der relevanteste Hip-Hop-Export und Chartsstürmer aus Wien-Fünfhaus, ist nun an dem Punkt angelangt, wo er alles und mehr erreicht hat, und verabschiedet sich – klug, wie er ist – mit Zenit in die Sprechgesang-Pension. Er möchte sich auf sein Label und das Fördern junger Talente konzentrieren. Raphael Ragucci, wie Camora heißt, ist so etwas wie die Helene Fischer des Deutschrap: schwer erfolgreich, mit einem guten Gespür für einfache, aber sehr eingängige Melodien ausgestattet, von vielen umjubelt, von anderen für seicht befunden.

Auf Zenit, das soundmäßig etwas düsterer ausgefallen ist als die Vorgängerwerke, folgt er seinem Erfolgsrezept, Dancehall mit der deutschen Sprache zu verquicken – vorgetragen im Stakkato eines bellenden Hundes. In der Großraumdisco freut man sich über Tracks wie Vendetta oder Adriana, Old-School-Fans erkennen in Kreiert Anklänge an den Luniz-Klassiker I got 5 on it. Hits, die den Geschmack seiner riesigen Zielgruppe treffen, hat Raf wieder zur Genüge dabei – kein Grund für ein vorzeitiges Comeback also. (Amira Ben Saoud, 6.11.2019)