Salzburg gelang ein Achtungserfolg gegen eine europäische Spitzenmannschaft.

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Bullen-Trainer Jesse Marsch tröstete seine Spieler: "Napoli ist eine sehr starke Mannschaft."

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"Grundsätzlich sind wir mal sehr happy, dass wir hier einen Punkt geholt haben." Also sprach Salzburgs Sportchef Christoph Freund nach Salzburgs 1:1 in Neapel. Andere Teams, fügte Freund hinzu, hätten in Neapel verloren, auch in der Champions League, "etwa Liverpool".

Die Fakten: SSC Napoli schoss am Dienstag 30-mal aufs Tor, Salzburg zwölfmal. Das Pendel hätte eher nicht in beide Richtungen ausschlagen können, wie manche nachher behaupteten. Allein Napolis Kapitän Lorenzo Insigne vergab Chancen auf fünf Goals. Ein bisserl Glück war dabei.

"Für uns passt der Punkt. Es war nicht unser bestes Spiel, vor allem in der ersten Halbzeit war die Führung glücklich. Schade, dass wir vor der Pause das Tor kassiert haben", fasste Andreas Ulmer sein 100. Europacupspiel zusammen. Er hatte eine souveräne, abgeklärte Partie gespielt – bester Salzburger war freilich Zlatko Junuzovic, der an allen Ecken und Enden des Platzes zu finden war, Fehler seiner Vorderleute ausbügelte.

Jesse Marschs Verordnung einer Dreier- beziehungsweise Fünferkette stabilisierte die Abwehr nur im Promillebereich, die Veränderung auf eine Viererkette mit Raute davor im Mittelfeld wirkte wie eine Erlösung für die Bullen, die in der zweiten Halbzeit stabiler standen. Neben Erling Haaland konnte auch Dominik Szoboszlai nach vorn kaum Akzente setzen, der Ungar fiel mehr mit Fehlpässen auf, die den Gastgebern etliche gefährliche Gegenstöße ermöglichten. Napolis Druck ließ erst nach, als der Ungar einen zweiten Sechser gab neben Junuzovic.

Quasi alle zwei Minuten eine Torchance

Die ersten 45 Minuten waren atemberaubend, quasi alle zwei Minuten eine Torchance. So konnte das im zweiten Durchgang kaum weitergehen. Immer wieder öffnete Napoli als spielstarke Mannschaft mit punktgenauen, diagonalen Pässen Salzburgs tief stehende Abwehr von links und rechts wie ein Packerl Manner-Schnitten. Ulmer: "Sie haben sehr druckvoll gespielt, da ist es schon schwierig, gegen ihre Offensivspieler jede Chance zu verteidigen."

In der Schlussphase waren beide Teams ausgepumpt, "Natürlich sind wir hierhergekommen, um zu gewinnen. Aber am Ende des Spiels waren beide Mannschaften ganz, ganz tot", sage Marsch. Nichtsdestotrotz war dieser Auftritt für den österreichischen Meister ein weiterer denkwürdiger, man stellte jedenfalls erneut unter Beweis, dass man im Konzert der Großen ohne Probleme bestehen und mitspielen kann.

Lassen sich die guten Phasen in einer Partie länger ausdehnen, hätte man sich eine bessere Chance aufs Achtelfinale erspielen können. So bleibt den Bullen nur wenig Hoffnung auf den Aufstieg ins Achtelfinale. Die beiden letzten Partien in Genk und daheim gegen Liverpool müssen gewonnen werden, doch außerdem müsste entweder Liverpool am vorletzten Spieltag daheim gegen Napoli ausrutschen oder Napoli in Liverpool sowie am letzten Spieltag daheim gegen Genk. Gut möglich, dass Salzburg am Ende als Gruppendritter in die Europa League übersiedeln wird. Marsch hält fest: "Aber wir sind auch noch in der Champions League am Leben."

In Neapel ist Feuer am Dach. Trainer Carlo Ancelotti pfiff auf die Pressekonferenz nach der Partie, die Spieler weigerten sich, in die von Klubchef Aurelio De Laurentiis verordnete Kasernierung zurückzukehren – sie fuhren nach Hause. "Meuterei bei der SSC Neapel", kommentierte Corriere dello Sport. Spieler wie De Laurentiis schalteten Anwälte ein.

Salzburg regt weniger auf. Nur Erling Haalands Antwort auf die Frage nach einem etwaigen Transfer im Winter war bemerkenswert. "Gut für mich, wenn es Gerüchte gibt. Vielleicht wollen mich ein paar Klubs, das ist positiv für mich." Eine Liebeserklärung an Salzburg sieht anders aus. (Florian Vetter aus Neapel, 6.11.2019)