Der oberösterreichische Tischlerlehrling Ali aus Afghanistan kann nun seine Ausbildung in Österreich abschließen – egal ob er Asyl hat oder nicht.

foto: lisa schaffner

Die frohe Kunde über die sich anbahnende Bleibelösung für junge Asylwerberinnen und Asylwerber in Lehre war noch nicht verklungen – da meldete sich auch schon die ÖVP mit heftigem Zurechtrücken zu Wort.

Das Commitment aller Parteien außer der FPÖ, den derzeit rund 800 betroffenen Lehrlingen zu erlauben, ihre Ausbildung in Österreich auch dann abzuschließen, wenn sie kein Asyl erhalten, sei "keine generelle Öffnung der Lehre für Asylwerber", sagte ÖVP-Sicherheitssprecher Karl Mahrer.

ÖVP-Signal an rechte Wähler

Keine Angst, heißt das, zu viel Entgegenkommen gibt es mit türkisem Einverständnis nicht. Aus der Perspektive einer Partei, die ihren Erfolg bei den Nationalratswahlen unter anderem den Stimmen vieler frustrierter freiheitlicher Wählerinnen und Wähler verdankt, ist das wohl unverzichtbar. Doch es verhindert wirkliche Bewegung in Asyl- und Migrationsfragen.

Arbeitsmarkt bleibt verschlossen

Das zeigt sich am jetzigen Lehrlingsentscheid. So positiv, ja, existenziell unverzichtbar die vorübergehende Bleibeperspektive für die in einer Lehre befindlichen Asylwerber auch ist: Der heimische Arbeitsmarkt bleibt für Asylsuchende so verschlossen wie seit dem Jahr 2004, als ein nach dem damals amtierenden Minister Martin Bartenstein (ÖVP) benannter Erlass in Kraft trat.

Dieser schuf einen faktischen Jobausschluss bei scheinbarer Arbeitsmarktöffnung: Zwar dürfen Asylwerber in Österreich bereits drei Monate nach Antragstellung angestellt arbeiten – ein Umstand, der innerhalb der EU, deren Asylaufnahmerichtlinie Arbeitsmarktzugang nach einem halben Jahr verlangt, vielfach als besonders liberale Lösung missverstanden wurde.

Saisonjobs als Falle

Doch erlaubt sind ausschließlich Saisonjobs, die zwar wenig einbringen, aber doch genug, um Grundversorgungsleistungen abzuerkennen. Das wiederum kann betroffene Asylwerber in die blanke Not stürzen, weshalb nur sehr wenige von ihnen diese Arbeitsmöglichkeit nutzen.

Kein Aufatmen gibt es nach der nunmehrigen Einigung aber auch in den an Lehrlingsmangel leidenden Sparten und Betrieben. Neue Ausbildungskandidaten erhalten sie nämlich nicht. 2018 kappte FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein den fünf Jahre davor von SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer geöffneten Lehrzugang für junge Asylwerber. Das bleibt unverändert in Kraft.

Absurdität bleibt bestehen

Mit dem Lehrzugang hatte Hundstorfer 2013 auf die Bedürfnisse sowohl der Wirtschaft als auch der damals sehr vielen jungen Flüchtlinge reagiert. Letztere mussten vielfach jahrelang auf ihre Asylbescheide warten. Junge Menschen zu fortgesetzter Untätigkeit zu verdammen, obwohl man ihre Arbeitskraft gut brauchen könnte, erschien absurd.

Mit dem Argument, dass man das Asyl- und das Aufenthaltsrecht strikt getrennt halten müsse, wurde diese Absurdität unter Türkis-Blau wieder zu Recht und Gesetz – und geht nunmehr in die Verlängerung.

Es sei denn, es gelingt nachhaltig, am anderen Ende des Problems anzusetzen: bei der Beschleunigung und qualitativen Verbesserung der Asylverfahren. Dann gäbe es genug Lehre-Kandidaten – unter den anerkannten Flüchtlingen. (Irene Brickner, 6.11.2019)