Im Vordergrund das Fragment der antiken Trinkschale – im Ganzen hätte sie so wie das Exemplar dahinter ausgesehen.
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Hallein/Dürrnberg – Einen Beleg dafür, wie die transeuropäischen Handelswege in den Jahrhunderten vor der Zeitenwende funktionierten, meldet das Keltenmuseum Hallein: Ein Keramikstück, das eigentlich schon vor 36 Jahren bei Ausgrabungen am Dürrnberg zu Tage gekommen war, wurde erst jetzt in seiner Bedeutung erkannt. Es handelt sich um einen Teil einer griechischen Trinkschale, die vor 2.500 Jahren über die Alpen ins heutige Salzburg gelangt ist.

Das überaus seltene Fundstück – es ist erst der dritte Fund antiker griechischer Keramik in ganz Österreich – stammt somit aus einer Region, die ihren alpinen Endabnehmern Luxusgüter lieferte. Auf dem umgekehrten Weg flossen von dort Rohstoffe in die umgebenden Regionen – im konkreten Fall Salz, das am Dürrnberg abgebaut wurde.

Beiseite gelegt

Das nur einen Zentimeter große Keramikstück wanderte 1983 nach seiner Entdeckung ins Depot des Keltenmuseums. Es ist mit einem glänzend schwarzen Überzug versehen, was für das Geschirr der in Salzburg ansässigen Kelten um etwa 450 vor unserer Zeitrechnung völlig untypisch ist. Der Leiter der Dürrnbergforschung Holger Wendling identifizierte es nun als griechisches Produkt. Die Schale muss seinerzeit über Italien und die Alpenpässe entlang der Salzach bis an den Fuß des Dürrnbergs gebracht worden sein. Über einen hier gelegenen Hafen des eisenzeitlichen Bergbauzentrums wurde das "Weiße Gold" in alle Teile des keltischen Europas gebracht. Im Austausch dürfte wohl auch das Trinkgefäß an den Nordrand der Alpen gelangt sein.

Importgeschirr aus dem klassischen Griechenland ist nach Angaben des Museums in den keltischen Fundstellen nördlich der Alpen extrem selten. Auf dem Dürrnberg selbst wurde in einem Prunkgrab eines keltischen Streitwagenkriegers schon 1959 eine vollständige Schale mit dem charakteristischen schwarzen Firnisüberzug ausgegraben. Zusammen mit einer weingefüllten Feldflasche aus demselben Grab belegt sie, wie begehrt ein guter Tropfen aus dem Mittelmeerraum bei den Kelten war. Neben einer Einzelscherbe eines großen Weinmischgefäßes vom Hemmaberg in Kärnten ist der Neufund aus Hallein erst das dritte Exemplar griechischer Importkeramik in Österreich.

Reich durch Rohstoffabbau

Der Dürrnberg bei Hallein war eines der wichtigsten Siedlungszentren der Keltenzeit in Europa. Der Salzbergbau brachte seinen Bewohnern um 500 vor unserer Zeitrechnung unermesslichen Reichtum und vielfältige Kontakte, die weit über die heutige Region Salzburg hinausreichten. Besonders die Gräber der eisenzeitlichen Bergbaugemeinschaft bergen oftmals außergewöhnliche Funde, unter denen sich nicht selten Dinge aus Gold oder Silber, aber auch exotische Importe aus fernen Regionen beiderseits der Alpen finden. Ihr Besitz brachte den Herrschern der eisenzeitlichen Gesellschaften Mitteleuropas Status und Prestige, ihr Austausch festigte politische Allianzen und besiegelte Handels- und Heiratsverbindungen. (red, APA, 6. 11. 2019)