Der neue Star im Botanischen Garten Wien ist eine Waldammer. Der seltene Gast hält sich noch in Wien auf (Stand: 6. November).
Foto: Leander Khil

Ein völliger Laie hätten den Vogel, der am vergangenen Samstag im Botanischen Garten Wien erstmals auffällig wurde, für einen etwas seltsamen Sperling gehalten. Etwas bessere Auskenner würden ihn womöglich als etwas bunt geratene Rohrammer (vulgo: Rohrspatz) identifiziert haben. Tatsächlich aber handelte es sich um eine Waldammer, die ein deutlich färbigeres Gefieder hat als seine Verwandte – und das kommt einer ornithologischen Sensation gleich, denn in Mitteleuropa tritt die Art nur als außerordentlich seltener Irrgast in Erscheinung.

Es handelt sich nunmehr um den siebenten Nachweis für Österreich und den ersten Nachweis dieser global als gefährdet eingestuften Art für Wien. Entsprechend groß ist die Aufregung in Österreichs wachsender Birdwatcher-Szene. Denn fast alle Personen, die Listen über ihre Sichtungen führen und womöglich sogar schon zum Club 300 zählen (dokumentierte Sichtungen von 300 Vogelarten in Österreich in freier Wildbahn), können damit einen neuen Eintrag verbuchen.

Waldammer weilt noch in Wien

Der Vogel, der sich immer noch im Botanischen Garten aufhält (Stand: 6. November), ist ein Brutvogel der borealen Nadelwaldzone mit einem Verbreitungsgebiet, das sich von Skandinavien über das nördliche Russland bis hin zur Beringstraße erstreckt. Die Überwinterungsgebiete der Waldammer liegen im südlichen Teil Ostasiens.

Die Waldammer wurde gefangen und beringt, was sie nicht abhielt, weiter im Botanischen Garten zu bleiben.
Foto: Christian H. Schulze

Die erste Sichtung der Waldammer gelang am Vormittag des 2. November im Rahmen des Programms "Integriertes Wintervogelmonitoring" durch Christian H. Schulze von der Abteilung für Tropenökologie und Biodiversität der Tiere (Universität Wien) und Mitglied des Wissenschaftlicher Beirats der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich.

Kurze Gefangennahme und Beringung

"Diese Beobachtung ist nicht nur faunistisch spannend, sondern zeigt auch die enorme Bedeutung von Grünflächen mit vielfältigen Gehölzstrukturen für Vogelarten im urbanen Bereich auf", sagt Schulze über seine rare Beobachtung, die auch zu einer kurzen, schonenden Gefangennahme des Vogels für dessen Beringung führte.

"Auch wenn urbane Grünflächen die intakte Natur nicht ersetzen können, so leisten "grüne Inseln", wie Parkanlagen mit alten Baumbeständen, eingebettet in den ansonsten für die meisten Vogelarten doch eher lebensfeindlichen urbanen Raum, einen wichtigen Beitrag zum Erhalt einer artenreichen Vogelwelt in unseren Städten", so Schulze. Im Botanischen Garten der Universität Wien konnten bisher 67 Vogelarten nachgewiesenen werden. (tasch, 6.11.2019)