Am Donnerstag und Freitag finden wieder Streiks bei der Lufthansa statt.

Foto: APA / dpa / Henning Kaiser

Frankfurt – Nach dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main in erster Instanz hat am Mittwochabend auch das Hessische Landesarbeitsgericht in zweiter Instanz einen Eilantrag der Lufthansa gegen den ab Donnerstag geplanten Streik der Flugbegleiter abgewiesen. Der Streikaufruf der Gewerkschaft Ufo sei rechtens, entschied das Gericht in Frankfurt am Main.

Rund 180.000 Passagiere der Lufthansa sind wegen eines zweitägigen Streiks der Flugbegleiter – von Donnerstag ab 00.00 Uhr bis Freitag 24.00 Uhr – von Flugausfällen betroffen. Das Unternehmen sagte für Donnerstag und Freitag zusammen rund 1.300 Flüge ab. Das ist zwar nur ein jeweils kleinerer Teil des weltweiten Programms des Luftverkehrskonzerns mit täglich rund 3.000 Flügen.

An deutschen Flughäfen ist aber ein Großteil der Starts mit LH-Flugnummern abgesagt, darunter auch zahlreiche Interkontinentalverbindungen von den beiden Drehkreuzen Frankfurt und München.

AUA hilft mit größeren Flugzeugen aus

In der genannten Gesamtzahl von 3.000 Flügen sind auch Flüge nicht bestreikter Flugbetriebe wie Swiss, Austrian Airlines (AUA), Edelweiss oder Brussels Airlines enthalten. Die Gewerkschaft Ufo hat bisher nur zu einem Streik bei der Lufthansa-Kerngesellschaft aufgerufen, die laut Konzern an den beiden Tagen jeweils rund 1.100 Flüge weltweit absolvieren sollte. Abgesagt wurden nun 700 Flüge am Donnerstag und 600 am Freitag.

Die österreichische Lufthansa-Tochter Austrian Airlines hilft dem Mutterkonzern aus: Auf den Strecken von Wien nach Frankfurt und München setzt die AUA während des Streiks größere Flugzeuge ein, um gestrandete Passagiere mitnehmen zu können, erklärte ein AUA-Sprecher am Mittwoch zur APA. Die AUA-Flüge selbst sind von dem Lufthansa-Streik nicht betroffen, allerdings können auch Flüge mit AUA-Flugnummer ausfallen, wenn es sich um einen sogenannten Codeshare-Flug handelt, der von der Lufthansa oder einem anderen bestreikten Flugbetrieb durchgeführt wird.

Ufo hat sich vorbehalten, den Streik auf bis zu vier weitere Flugbetriebe mit deutschem Tarifrecht auszuweiten, die insbesondere noch für die Tochter Eurowings unterwegs sind. Ihren Kunden hat Lufthansa bereits umfangreiche und kostenfreie Umbuchungsmöglichkeiten angeboten.

Juristischer Streit um Streik

Am Mittwoch hatte der Konzern vor dem Arbeitsgericht Frankfurt eine juristische Niederlage erlitten. Die Vorsitzende Richterin lehnte die beantragte Einstweilige Verfügung gegen den Arbeitskampf ab. Nach ihrer Einschätzung sind die Tarifverträge korrekt gekündigt worden und der Streikbeschluss gültig. Angriffe der Lufthansa-Anwälte gegen die kurzfristig geänderte Arbeitskampfordnung der Gewerkschaft lehnte die Richterin ebenfalls ab. Hier handle es sich um interne Regelungen der Ufo ohne Außenwirkung. Es gebe auch keine offenkundigen Zweifel an der Tariffähigkeit der Ufo, die das deutsche Bundesarbeitsgericht zuletzt in einem Urteil von 2014 bestätigt habe.

Lufthansa kündigte nach dem Urteil an, in die Berufung zu gehen. Darüber wollte das hessische Landesarbeitsgericht noch an diesem Mittwoch verhandeln.

Der Ufo-Vizevorsitzende Daniel Flohr sagte die Teilnahme an dem für Mittwochabend angesetzten Krisengespräch mit Lufthansa-Chef Carsten Spohr ab, da man mit der Berufung beschäftigt sei. Er schätze das Gespräch, an dem auch Vertreter der Verdi und der noch in Gründung befindlichen Cabin Union (Kabinen-Gewerkschaft) teilnehmen sollten, ohnehin als "PR-Coup" ein. Eine Lösung der Probleme sei dort nicht zu erwarten. Ein Lufthansa-Sprecher erklärte, das Gespräch könne auch auf einen späteren Zeitpunkt am Mittwochabend verschoben werden.

Lufthansa will erst mit neuem Vorstand verhandeln

In der Gerichtsverhandlung am Vormittag hatte Lufthansa der Gewerkschaft noch sofortige Vorverhandlungen zu tariflichen Themen angeboten, die aber erst mit dem neu zu wählenden Ufo-Vorstand ab dem 15. Februar 2020 finalisiert werden könnten. Den jetzigen Vorstand lehne man weiterhin als nicht vertretungsberechtigt ab, sagte Lufthansa-Anwalt Thomas Ubber. Ufo verlangte hingegen sofortige Tarifverhandlungen auf Augenhöhe mit dem amtierenden Vorstand.

Als letzte Möglichkeit zur Verhinderung des Streiks könnte Lufthansa auch eine Schlichtung verlangen, was aber letztlich auf eine Anerkennung des Ufo-Vorstands hinausliefe. Die Gewerkschaft würde die Schlichtung befürworten, sagte ihr Sprecher Nicoley Baublies der Deutschen Presse-Agentur.

Ufo fordert für die rund 21.000 Lufthansa-Flugbegleiter höhere Spesen und Zulagen sowie besseren Zugang für Saisonkräfte in reguläre Anstellungsverhältnisse. Für die vier anderen Flugbetriebe wurden jeweils separate Forderungen aufgestellt und Urabstimmungen abgehalten. In dem gesamten Konflikt geht es aber hauptsächlich um die vom Konzern aufgeworfene Frage, ob Ufo überhaupt noch Tarifverträge für das Kabinenpersonal durchsetzen kann. In einem ersten Warnstreik bei den vier Tochter-Flugbetrieben hatte Ufo am 20. Oktober dieses Jahres mehr als 100 Flüge ausfallen lassen. Damals hatte der Lufthansa-Konzern keinen Ersatzflugplan erstellt. Der letzte reguläre Ufo-Streik bei der Lufthansa-Kerngesellschaft datiert aus dem Jahr 2015 und war mit einer Woche Dauer der längste in der Unternehmensgeschichte. (APA, 6.11.2019)