FPÖ-Chef Norbert Hofer sucht den guten Kontakt zu den Medien – findet ihn aber nicht. Er sieht sich als Opfer einer groß angelegten Kampagne. Die einstige mediale Macht der Freiheitlichen ist so gut wie weg.
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Norbert Hofer klingt bereits ein wenig verzweifelt. "Liebe Freunde", postete er zu Wochenbeginn auf seiner Facebook-Seite, "die Kultusgemeinde und die 'Kronen Zeitung' – so empfinde ich es – wollen offenbar meinen Rücktritt. Was ist eure Meinung dazu?" Da gab es viel Zuspruch für Hofer, "Sie sind ein großartiger Anführer", "weitermachen", "durchhalten", aber auch einige, die meinten, er könne der Rücktrittsforderung ruhig nachkommen. Knapp 1.800 Kommentare sammelten sich dazu an.

Wenige Stunden später meldete sich Hofer auf demselben Kanal erneut zu Wort: "Liebe Freunde! Mittlerweile sind fast alle Medien gegen mich unterwegs. (...) Liebe Kollegen in den Chefredaktionen, ihr kennt mich. Wie fühlt ihr euch bei dieser Kampagne? Liebe Freunde aus der ÖVP: Wir hatten eine tolle Regierung – muss das wirklich sein?"

Offenbar bezieht sich Hofer dabei auch auf die Kritik, die ihm angesichts seines Umgangs mit dem Abgeordneten Wolfgang Zanger entgegenschlägt. Zanger bewahrt ein Nazi-Liederbuch bei sich zu Hause auf und findet nichts dabei. Hofer stellte sich vor Zanger. ÖVP-Chef Sebastian Kurz findet die publik gewordenen Texte aus dem Liederbuch hingegen "extrem widerlich" – und beendete die türkis-blauen Koalitionsgerüchte damit weitestgehend.

Keine Rückendeckung

Dass die "Kronen Zeitung" der FPÖ keine Rückendeckung mehr gibt, scheint diese schwer zu verstören. FPÖ-Generalsekretär und Mediensprecher Christian Hafenecker kündigte sein Abo und verfasste einen offenen Brief, in dem er die "Krone" heftig kritisiert. Er vermisse "Haltung und Unabhängigkeit", die Krone sei von "Objektivität oder Seriosität schon einige Meilen weit entfernt". Hafenecker beklagt die "einzigartige Kampagne" gegen die FPÖ. Krone-Außenpolitikredakteur Kurt Seinitz hatte angesichts von Hafenecker auf Twitter festgehalten: "(...) was für eine armselige Figur. Man blickt ins Gesicht und weiß sofort: #FPOE!"

Für den Kurswechsel der "Krone" ist vor allem Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache verantwortlich. Im Ibiza-Video hatte er mit der vermeintlichen russischen Oligarchennichte über die Übernahme der "Krone" schwadroniert, um das Medium – zack, zack, zack – noch mehr auf FPÖ-Linie zu bringen. Die "Krone" entfreundete sich daraufhin nicht nur von der FPÖ, sondern trennte sich auch von Richard Schmitt, der für den Onlineauftritt des Blattes verantwortlich war. Schmitt hatte besonders gute Beziehungen zu Strache, vom Zusammenspiel profitierten beide Seiten.

Schmitt ist mittlerweile bei "oe24" und setzt dort seine Agenden um – immer noch Strache-freundlich, zu den FPÖ-Protagonisten durchaus differenziert. Klubchef Herbert Kickl findet auf "oe24" Widerhall, Parteichef Hofer schlägt nicht unbedingt Sympathie entgegen.

Die FPÖ setzt derweil ihre Kampagne gegen die "Krone" fort. Auf dem Youtube-Kanal von "FPÖ-TV" erschien ein Betrag über die Zeitung, deren Journalisten "jeglichen Anstand über Bord" geworfen hätten und "ungeniert Stimmung gegen die Freiheitlichen" machten. "Jeder Schmutzkübel ist recht, um die FPÖ anzupatzen." Das läge auch am neuen Miteigentümer der "Krone", René Benko, der "zum inneren Kreis im Netzwerk von Sebastian Kurz" gehöre, daher müsse die Zeitung dem ÖVP-Chef unter die Arme greifen.

Allein gegen alle

Die FPÖ allein gegen alle und die Krone, kann das gutgehen? Bereits vor Jahren hatte die FPÖ ihre Kommunikation nach außen so umzustellen versucht, dass sie auf etablierte Medien nicht mehr angewiesen ist. Zentral waren die Facebook-Seiten der Partei und ihrer Protagonisten, in erster Linie war das der Auftritt von Strache. Gemeinsam mit FPÖ-TV konnte die Partei ohne Filter durch andere Medien in einer Woche mehrere Millionen Nutzer erreichen. Da konnte man auf den ORF gut verzichten, solange man die "Krone" an der Seite hatte.

In guten Zeiten erreichten die Freiheitlichen mehr Menschen über Facebook und Co als andere Parteien zusammen. Heute schaut das anders aus. Die mittlerweile entfernte Facebook-Seite Straches hatte 800.000 Fans, sein Nachfolger Hofer erreicht nur mehr 340.000 Personen. Noch größer ist die Kluft bei den Interaktionen, die Hofer generiert. Bei einer Erhebung vom Juli 2019 im Analystetool Crowdtangle – eine aktuellere ist nicht mehr möglich, da die Seite "HC Strache" nicht mehr existiert – zeigte sich, dass Straches Auftritt im Durchschnitt pro Monat 432.000 Interaktionen generierte. Im Vergleich dazu schafft Hofer nur rund 96.000 monatlich. Auch die reguläre Facebook-Seite "FPÖ" erreicht nicht annähernd Straches Dimensionen.

Bittere Niederlage

Umso mehr ist der Verlust der Seite für die FPÖ eine bittere Niederlage. Ihr Versuch, sie mit der regulären FPÖ-Seite zusammenzulegen, scheiterte aufgrund von Facebooks Nutzungsbedingungen, die das Zusammenführen von Auftritten mit verschiedenen Themen und Namen verbieten. Somit gibt es für die Freiheitlichen keine Möglichkeit mehr, den Kanal für sich zu nutzen.

Mittlerweile gibt es keine Unterstützung der "Krone" mehr, dem freiheitlichen Facebook-Auftritt fehlt der Glanz und die Breite, das Kommunikationsteam der FPÖ wurde aufgrund der Wahlschlappe und des daraus resultierenden Finanzmangels geschrumpft. Martin Glier, ehemaliger Pressesprecher von Strache, hat sich mittlerweile von der Partei getrennt – oder wurde getrennt – und befindet sich auf Jobsuche.

Hofers Verzweiflung – "alle gegen mich" – ist durchaus nachvollziehbar. (Muzayen Al-Youssef, Michael Völker, 6.11.2019)