Viele der Asylwerberlehrlinge dürften ihre Ausbildung in naher Zukunft abschließen. Was passiert dann?

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Es ist ein erster Schritt, um den monatelangen politischen Streit in Österreich rund um die Asylwerberlehrlinge endlich zu beenden. Das war der Tenor der Wortmeldungen, nachdem am Dienstag im Innenministerium Vertreter aller Parteien und die Beamten des Hauses in der Causa zusammengetroffen waren. Asylwerber sollen ihre Lehre in Österreich fertig machen dürfen und nicht abgeschoben werden. Das Innenministerium wird ein entsprechendes Gesetz dazu erarbeiten, alle Parteien bis auf die FPÖ sind einverstanden.

Doch am Mittwoch offenbarten Gespräche mit Juristen und an den Diskussionen im Innenministerium Beteiligten, dass sich die Situation für viele der Unternehmen, die Asylwerber aufgenommen haben, und die Lehrlinge selbst nicht entschärfen wird.

So sollen die rund 800 Asylwerber während ihrer Lehre keinen eigenen Aufenthaltstitel bekommen. Das Asylverfahren wird nicht unterbrochen oder ausgesetzt: Vielmehr soll es nur eine gesetzliche Ermächtigung an das Innenministerium geben, um die Lehrlinge während ihrer Ausbildung nicht abzuschieben.

"3+2-Modell" gescheitert

Die Neos wollten wie die Grünen eine andere Regelung. Sie hatten ein "3+2-Modell" vorgeschlagen. Dem zufolge hätten Asylwerber die Möglichkeit, ihre Ausbildung abzuschließen. Danach dürften sie noch zwei Jahre in Österreich bleiben, um im Anschluss eine Rot-Weiß-Rot-Karte zu beantragen, um regulär bleiben zu können. Die ÖVP soll sich kategorisch dagegen ausgesprochen haben.

Der nun vereinbarte reine Abschiebestopp in der Lehre bedeutet, dass die Verfahren weiterlaufen und im Fall des Falles auch zu einem negativen Ende kommen. Das könnte aber eben in vielen Fällen bald passieren.

Asylwerber durften in Österreich seit 2012 in Mangelberufen wie Kellner, Koch, Dachdecker oder Bäcker eine Lehre absolvieren. Der Erlass kam vom damaligen Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ). Zunächst war das Interesse begrenzt.

Nach dem großen Fluchtjahr 2015 änderte sich das, und hunderte Asylwerber begannen mit einer Ausbildung. Viele der Lehrlinge sind jetzt also bereits im zweiten oder dritten Lehrjahr, also in absehbarer Zeit fertig. Zugleich laufen die Asylverfahren schon seit Jahren – die meisten Betroffenen sind schon lange in der zweiten Instanz. Im kommenden Jahr wird ein Schwall an finalen Entscheidungen erwartet.

Kritik von Unternehmen

Vor diesem Hintergrund ist auch die Kritik von Unternehmen, die Lehrlinge beschäftigen, zu sehen. Eine davon ist Michaela Krbecek von der gleichnamigen Tischlerei in Aschach an der Donau in Oberösterreich. Sie sagt, dass durch die gesetzliche Regelung der Druck zwar kurzfristig wegfalle. Zufrieden ist sie aber nicht: "Wenn die Lehrlinge dann nach drei Jahren gehen müssen, habe ich als Betrieb nur Ausgaben gehabt.

Eine Lehre ist eine Investition, da verdienst du als Unternehmen nichts. Wir bilden jetzt Leute aus, die dann im Betrieb nicht weiterarbeiten dürfen. In ihrer Heimat fangen Betroffene mit ihrer Ausbildung nichts an – dort gibt es meist die Infrastruktur nicht. Das ist menschlich paradox."

Eva-Maria Pürmayer, Chefin im Mühlviertler Romantikhotel Bergergut und seit fast drei Jahren Ausbildnerin eines jungen Asylwerbers, sagt, dass sie kaum noch betroffen sein wird von der Lösung: "Unser Kochlehrling Samir ist bald ausgelernt." Sinnvoll wäre daher die Möglichkeit, die Lehrlinge auch weiter beschäftigen zu können, so Pürmayer.

Keine Migrationsstrategie

Neos-Politiker Sepp Schellhorn hat Verständnis für die Kritik. Warum er dann beim Treffen im Innenministerium zugestimmt hat, die Lösung mitzutragen? Schellhorn bekennt, dass die Neos zuerst ablehnen wollten. Doch hätte man das getan und sich gar nicht geeinigt, hätten schon in der Zwischenzeit hunderte Asylwerber abgeschoben werden können.

Seine Forderung: Österreich müsse 2020 eine langfristige Migrationsstrategie erarbeiten und dann im kommenden Jahr auch eine langfristige Lösung für die Lehrlinge finden. Auch der grüne Landesrat Rudi Anschober spricht von einem ersten Schritt.

Nichts geändert hat sich auch daran, dass Asylwerber keinen Zugang mehr zur Lehre bekommen. Die türkis-blaue Regierung hatte den erwähnten Hundstorfer-Erlass im vergangenen Jahr aufgehoben. Offen ist, ob das mit EU-Recht vereinbar ist. Eine Richtlinie sieht vor, dass Asylwerber nach neun Monaten im Land arbeiten dürfen. In Österreich gilt das nicht, weshalb aktuell mehrere Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig sind. (Markus Rohrhofer, András Szigetvari, 6.11.2019)