Bei 814 kontrollierten Arbeitnehmern im Verkehrsbereich im Jahr 2018 wurden 164 an die Wiener Gebietskrankenkasse gemeldet.

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Wien – Nicht alle lassen sich von den Anti-Lohndumping-Maßnahmen stoppen. Eine parlamentarische Anfragebeantwortung von Finanzminister Eduard Müller an die SPÖ zeigt, dass speziell im Verkehrsbereich etliche Verdachtsfälle in Sachen Lohn- und Sozialdumping von den Fahndern entdeckt werden. Deshalb fordern die Sozialdemokraten mehr Kontrollen.

Bei 814 Arbeitnehmern im Verkehrsbereich wurden 2018 Kontrollen durchgeführt und immerhin bei 164 davon Meldung an die zuständige Wiener Gebietskrankenkasse erstattet. Das entspricht gut 20 Prozent. SP-Mandatar Alois Stöger missfällt nicht nur das sondern auch die geringe Zahl der Überprüfungen. Jedes in Österreich fahrende Unternehmen müsste mindestens einmal pro Woche überprüft werden.

Baubranche und Gastronomie

Etwas besser sieht es in der Baubranche aus. Hier wurde bei 2.460 Personen kontrolliert und bei 201 Verdacht geschöpft, was eine Quote von acht Prozent bedeutet. In der Gastronomie hält man sich in den überprüften Betrieben im Wesentlichen an die Vorgaben. Bei 77 Kontrollierten wurde nur eine Unterentlohnung gemeldet. Freilich merkt Stöger an, dass die Zahl der Kontrollen auffällig niedrig ist. Das heißt für den ehemaligen Sozialminister, dass man in den heiklen Branchen offenbar gar nicht so genau hinsehen habe wollen.

Mehr Sozialbetrug

Insgesamt stellt das Finanzministerium fest, dass die Formalbestimmungen (Bereithaltepflichten, Meldepflichten etc.) mittlerweile besser eingehalten werden, sich aber auch eine Professionalisierung bei der illegalen Tätigkeit feststellen lässt. So werden vermehrt Dokumentenfälschungen festgestellt, um Drittstaatsangehörige als EU-Bürger auszugeben, die Arbeitspapiere samt Lohnzahlungsnachweise werden mittlerweile sorgfältiger "überarbeitet" und ausländische Scheinfirmen werden häufiger als Entsendevehikel verwendet. Das heißt, dass zwar einerseits die bloßen Formalverstöße der grundsätzlich legalen Arbeitsverhältnisse zurückgehen, andererseits aber Ermittlungen wegen Verstößen in dem Bereich immer häufiger zu Sozialbetrugsdelikten mutieren und nur mit strafrechtlichen Ermittlungsmethoden und internationaler Amtshilfe bearbeitet werden können.

Stöger hofft hier auf die neue EU-Arbeitsbehörde, die ihren Sitz in Bratislava haben wird. Diese soll nach Geschmack des SPÖ-Politikers mit echten Kontrollmöglichkeiten ausgestattet werden.

Härtere Strafen gefordert

Die Arbeiterkammer fordert nun strengere Sanktionen, damit Betriebe vom Lohn- und Sozialdumping abgeschreckt werden. Andernfalls würden jene Firmen, die Dumping betreiben, Gewinne machen und de facto für ihr Verhalten belohnt werden. Die Strafe müsse auch weiterhin höher sein, wenn mehrere Beschäftigte betroffen seien, fordert AK-Chefin Renate Anderl.

Ab 2020 soll es nämlich nur noch eine einzelne Strafe geben, wenn durch eine Tat dieselbe Vorschrift mehrmals verletzt wird. Bisher galt hingegen das Kumulationsprinzip. Dieses besagt, dass bei Verwaltungsdelikten (im Gegensatz zum Strafrecht) jedes Vergehen einzeln bestraft werden kann. Damit werden beispielsweise Arbeitszeitverletzungen in Großkonzernen, die mehrere tausend Mitarbeiter betreffen, härter bestraft als in kleinen Firmen mit einigen wenigen Mitarbeitern. "Es muss einfach einen Unterschied machen, ob ich einem Menschen keinen Lohn zahle oder gleich 200 ArbeitnehmerInnen. Das wäre sonst auch eine Benachteiligung kleiner und mittlerer Betriebe", so Anderl laut einer Aussendung vom Donnerstag.

"Dringend erforderlich" sei auch die Reparatur der Sicherheitsleistung. Bis November 2018 musste der Auftraggeber bei Verdacht auf Lohn- und Sozialdumping einen Teil des Werklohns bei der Behörde als Sicherheit für eine allfällige Verwaltungsstrafe hinterlegen, bis die Vorwürfe gegen den Auftragnehmer geklärt waren. Dass dies rein auf Verdacht geschieht, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) als "überschießend" beurteilt. (APA, 7.11.2019)