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Im Jänner 2005 stellte Steve Jobs den iPod Shuffle auf der Macworld Expo vor.

Foto: AP Photo/Jeff Chiu

Es gibt wohl in jedem Haushalt diese eine Lade oder Kiste mit kiloweise USB-Sticks, Kabeln und Adaptern, deren Ursprung niemand mehr kennt, und mit Geräten, die nicht mehr verwendet werden. Oft seit Jahren. Oder Jahrzehnten. Wirft man irgendwann wieder einen Blick hinein, findet man eine regelrechte Zeitkapsel vor. Die Autorin hat in ihrer Tech-Zeitkapsel kürzlich Apples ersten iPod Shuffle wiedergefunden: einen MP3-Player in Kaugummipackerl-Design, der 2005 auf den Markt gekommen ist. Zeit für einen Retro-Test.

Kantig wie ein Kaugummipackerl.
Foto: STANDARD/Riegler

Weißer Plastik-Minimalismus

Der iPod Shuffle entstammt einer Zeit, als Apple mit dem Motto "Weniger ist mehr" spielte. Es war der erste Musikspieler des Konzerns ohne Display und mit einer minimalistischen Steuerung. Auf der Rückseite befindet sich ein Schiebeschalter, über den man zwischen Off, normaler Wiedergabe und Wiedergabe per Zufall (also Shuffle) wählen kann. Auf der Vorderseite gibt es ein Steuerkreuz mit Lautstärke-, Zurück- und Vor-Knopf sowie einem Play- und Stop-Button in der Mitte. Das war's. Keine Anzeige, welche Lieder sich auf dem Gerät befinden, keine exakte Akkuanzeige. Der Ladestatus lässt sich nur über eine LED auf der Rückseite abfragen. Oder erahnen. Grün: alles gut. Orange: geht noch ein bisschen. Rot: jetzt aber schnell wieder aufladen.

Mit Musik beladen lässt sich der Shuffle nur mittels USB-Anschluss am Computer – WLAN gibt es nicht. Im Test des fast 15 Jahre alten Geräts erwies sich das als erste kleine Hürde. Das Macbook der Autorin verfügt nur über Thunderbolt/USB-C-Anschlüsse. Also muss ein Adapter her (spöttische Postings incoming in drei, zwei, eins ...). Selbstredend: Natürlich braucht man auch Kopfhörer mit Klinkenstecker. Das war es aber auch schon. Bedenken, dass das iTunes von heute nicht mehr mit dem Uralt-iPod kann, sind schnell zerstreut. Das Gerät wird sofort richtig erkannt, alle Songs korrekt angezeigt. Die Wiedergabe funktioniert einwandfrei. Die Buttons tun, was sie tun sollen.

Neben dem Design schreit auch der Speicher von 512 MB sehr laut 2000er-Jahre. Optional gab es den Player auch mit 1 GB Speicher – dennoch ein Witz im Vergleich zu heutigen Kapazitäten. Die kleinere Variante kostete damals 100 Euro, für den größeren Speicherumfang musste man 150 Euro hinlegen.

Bei den Anschlüssen bedarf es heute eventuell eines Adapters.
Foto: STANDARD/Riegler

Viel Kritik, aber trotzdem ausverkauft

Wie wurde der Shuffle damals am Markt aufgenommen? Stiftung Warentest zog seinerzeit ein vernichtendes Urteil. Der Akku werde nach 400-mal laden deutlich schwächer, die 100 Euro könne man gleich direkt wegschmeißen. Zudem dauere eine volle Akkuladung über sechs Stunden – Apple gab vier Stunden an. Im aktuellen Test waren es tatsächlich eher vier Stunden. Wichtiger ist aber die Frage, wie lange das knapp 15 Jahre alte Gerät noch durchhält. Hier war beim Retro-Test nach circa einer Dreiviertelstunde durchgehender Musikwiedergabe Schluss.

Trotz Kritik war das Gerät damals zum Start zunächst einmal ausverkauft. Die Gründe sind schnell gefunden. Der Shuffle wiegt kaum etwas und fällt etwa beim Joggen praktisch nicht auf. Und Nutzer konnten sich ein begehrtes Apple-Produkt zulegen, ohne dafür ihr Sparbuch zu plündern (damals hatte man so was noch). Vor 15 Jahren gab es das iPhone oder Android noch nicht, und iPods mit weißen Kopfhörern waren der letzte Schrei.

Wie voll der Akku ist, erfährt man über eine winzige LED auf der Rückseite, wenn man den Knopf daneben drückt.
Foto: STANDARD/Riegler

Nervt nach einiger Zeit

Das Design ist nach heutigen Maßstäben als antiquiert oder retro zu bezeichnen – je nachdem, ob man nun ein Faible für Apples 2000er-Look hat oder nicht. Beim Funktionsumfang nervt die von Prozentangaben verwöhnte Nutzerin am meisten die ungenaue Akkuangabe. Dass man nicht nach einem bestimmten Lied suchen kann, liegt in der Natur des Geräts. Gelegentlich ist es ja auch ganz nett, sich überraschen zu lassen. Das Fehlen von Playlists und der Möglichkeit, nur bestimmte Künstler oder Alben zu spielen, fällt nach einiger Zeit dann aber doch negativ auf. Das erkannte wohl auch Apple einige Jahre und sechs Nachfolgemodelle später. Der letzte iPod Shuffle kam 2015 auf den Markt. Heute bietet das Unternehmen nur mehr den iPod Touch an.

Als Begleitung zur Gartenarbeit, beim Sport (aber bitte nur im Trockenen, wasserfest ist das Ding natürlich nicht) oder beim Kochen ist der Shuffle auch heute noch ganz witzig – zumindest für eine Dreiviertelstunde, bis der Akku leer ist. Man hängt sich den Player einfach um den Hals. Ein bisschen Dreck macht nichts, verschmierte Finger auch nicht – dank echter Knöpfe statt Touchscreen. Für Überraschungen kann auch sorgen, welche Musik man auf dem alten Ding findet (was machen Billy Talent eigentlich heute so?). Wer also noch einen Shuffle zu Hause herumliegen hat, sollte ihn vielleicht wieder einmal entstauben. Dann kann man auch seinen Kindern erzählen, wie das damals so war in der Zeit vor Smartphones und Spotify. (Birgit Riegler, 8.12.2019)