Peppi (Tania Golden) und Muffl (Hubsi Kramar) kennen einander noch aus "früheren Verhältnissen". Hubsi Kramar ist auch der Regisseur dieser Nestroy-Satire.

Foto: KARL SATZINGER

Johann Nestroy war Zeitgenosse Karl Marx' und gedanklich ein Bruder im Geiste; er hat wiederum Bertolt Brechts Werk maßgeblich beeinflusst. Dieser Genealogie folgend inszeniert Hubsi Kramar die Sozialsatire Frühere Verhältnisse. Der Regisseur möchte sich von Anfang an vergewissern, dass das Publikum auch ja begreife, wovon das Stück handelt. Zu diesem Zweck schickt er Spielgefährtinnen und -gefährten zu einem Vorspiel auf die Bühne des Theaters Akzent. Sie erklären, wen sie darstellen bzw. die Verhältnisse zueinander.

"Wir brauchen keine anderen Herren, sondern keine!", ruft Kramar dabei ins Publikum und sorgt für heitere Stimmung. Der Ruf nach einer hierarchiefreien Gesellschaft mag bei Marx und Brecht zwar weitestgehend stimmen. Hinsichtlich des Nestroy-Stücks hat Kramar aber etwas über das Ziel hinausgeschossen.

Das Vorspiel entpuppt sich als ein skurriler, aber aufgrund der unnötigen Länge gescheiterter Versuch, die fragwürdige Schuldzuweisungsrhetorik mancher Politikdebatten zu persiflieren. Von einer "Täter-Opfer-Umkehrung" im Zuge eines Mozartkugeldiebstahls ist die Rede, deren Pointe dazu auf etwa zehn Minuten "gestrafft" wird. Der Kontext des eigentlichen Nestroy-Stücks schwindet dadurch zügig dahin.

"Bist du deppert?"

In Frühere Verhältnisse versucht der neureiche Holzhändler Scheitermann (Julian Loidl) seine Herkunft vor seiner Frau Josephine (Adriana Zartl) zu verbergen. Durch die Anwesenheit seines ehemaligen Chefs Muffl (Hubsi Kramar), der aufgrund seiner Verarmung gezwungenermaßen für Scheitermann arbeiten muss, wird dies jedoch bedroht. Josephine hat ihrerseits Peppi (Tania Golden) engagiert, die einst ein Verhältnis mit Muffl hatte und sich nun vor ihm als Scheitermanns Gattin ausgibt. Dadurch nimmt das Verwirrspiel seinen Lauf.

Begleitet von Harfen- (Anja Pichler) und Gitarrenklängen (Michael Reitinger) drehen sich im Hintergrund aus Plastikflaschen bestehende Wasserräder auf einer schlicht gehaltenen Bühne (ein Sägewerk? Bühne: Markus Liszt). Passend dazu stimmt das kleine Ensemble die Ballade der Wasserräder nach Brecht an. Die Sprache sowie die Kleidung sind im Stück dabei an die Gegenwart angepasst. Wobei Nestroys Wortwitz beibehalten wird, damit aber auch die variationsreichen Erwähnungen des Wortes "Weib", auf die man hätte verzichten können.

Die musikalischen Zwischenstücke sind nett inszeniert, mal etwas ruhiger, dann wieder poppiger, aber stets mit einem sozialkritischen Augenzwinkern versehen. Zuweilen fühlt man sich an den Musikantenstadl erinnert. Trotz der ebenfalls angekündigten Aktualisierung wirken die Wortwitze aus der Zeit gefallen, der Slapstickhumor altbacken und das Ausschlachten der individuellen Marotten der jeweiligen Figuren sehr schnell zäh. Mit dem Bezug zu Marx und Brecht hat man sich eine steile Ansage geleistet, die aber im Spiel nicht eingelöst wird. Was bleibt, ist ein netter Abend, der freundlich akklamiert wurde. (Huy Van Jonny Diep, 7.11.2019)