Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei seiner Rede im Presseclub Concordia. Die Feder im Hintergrund ist Symbol des Presseclubs – als die Glocke (nach Friedrich Schiller) bei ersten Kundgebungen zu Vermutungen über einen Verein der Glockengießer führte.

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Ibiza und die Folgen – der Mai 2019 hat für den Bundespräsidenten eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig unabhängiger Journalismus als vierte Macht im Staate ist. Als wichtige Säule jeder funktionierenden liberalen Demokratie.

Donnerstag dankte Alexander Van der Bellen so jenen Journalistinnen und Journalisten, "dass sie sich unbeirrbar an die Seite der Wahrheit stellen". Oder zumindest – nach Watergate-Aufdecker Carl Bernstein – die "beste verfügbare Version der Wahrheit". Gelegenheit zum Dank bot der Presseclub Concordia – er feierte seine ersten 160 Jahre als Interessenvertretung.

Gefährliche Geselligkeit

Die Vereinsbehörde genehmigte der Concordia 1859 nur die Unterstützung hilfsbedürftiger Mitglieder als Vereinszweck – nicht aber den "geselligen Verkehr". Van der Bellen erinnerte an die Begründung: "Zu einer Journalisten-Versammlung ist die Diskussion politischer Fragen der unvermeidliche Gesprächsstoff." Das könne sich "dazu eignen, der Regierung, zumal in politisch bewegten Zeiten, mancherlei Verlegenheit zu bereiten". Die Polizeidirektion habe da "genau erkannt, welchen Sinn Journalismus hat", sagte Van der Bellen. Bürgerinnen und Bürger erwarteten von Journalistinnen und Journalisten gut abgesicherte Information, gut recherchierten Hintergrund und fundiert argumentierten Kommentar. "Und wir erwarten uns von ihnen eine Kontrollfunktion. Es gehört zur ureigensten Aufgabe, politisch Handelnde und andere zu hinterfragen und zu kritisieren."

Empörung und Wahrheit

Techkonzerne könnten und wollten diese Aufgaben nicht leisten. Im Gegenteil: Videos würden millionenfach geteilt, "besonders jene, die emotionalisieren", und auch Videos , die "blanke Unwahrheit und nichts als Lüge seien". Richtigstellungen würden, wenn überhaupt, nur ein paar tausend Mal geteilt.

Ureigenste Aufgabe von Journalistinnen und Journalisten sei, in einer vom Einzelnen nicht mehr bewältigbaren, teilweise von Fake-News vergifteten digitalen Informationsfülle die gut recherchierte, mit Check, Recheck und Doublecheck abgesicherte Information zu liefern und kritisch einordnende Kommentare.

Weiter sieht Van der Bellen "Tendenzen und Kräfte", die Journalistinnen und Journalisten in ihrer Arbeit einschränken wollten, beschneiden und gängeln. Es brauche also weiterhin "journalistische Unbeirrbarkeit und journalistische Leidenschaft". Die Polizeidirektion Wien konnte nicht verhindern, dass Journalisten der Politik "manch Verlegenheit bereiten", sagt Van der Bellen. Und: "Guter Journalismus wird nicht kleinzukriegen sein." (Harald Fidler, 7.11.2019)