Glasfaserleitungen sind für den Ausbau von 5G essenziell.

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Die Regierung wird im Bereich digitalpolitischer Agenden viel zu tun haben: Von Bundestrojaner über 5G bis zu Urheberrecht und digitaler Schulbildung erweisen sich die aktuellen netzpolitischen Problemstellungen als zahlreich und herausfordernd. Ein Überblick.

Auch wenn es in den vergangenen Jahren besser wurde, ist die Versorgung mit schnellem Internet auf dem Land noch immer nicht ausreichend. Ohne die Möglichkeit, sogenannte Cloud-Anwendungen etwa für die Buchhaltung oder als Datenspeicher nutzen zu können, macht es in vielen Orten noch immer keinen Sinn, ein Unternehmen zu gründen. Dazu kommt, dass ohne schnelles Internet viele Familien von Netflix oder anderen Streaminganbietern, aber auch von digitalen Bildungsprogrammen abgeschnitten sind. Dies gilt es in Windeseile zu ändern – dafür muss der Staat zusätzliche Mittel lockermachen und die Zügel beim Ausbau stärker in die Hand nehmen.

Bundestrojaner

Im kommenden Jahr soll es so weit sein, der Bundestrojaner soll dann durch Österreich galoppieren. Er ist Teil des "Sicherheitspakets", das ÖVP und FPÖ gemeinsam schlossen, und sieht eine umfassende Überwachung von Geräten anhand einer Software vor, die sich Sicherheitslücken zunutze macht. Eingesetzt werden soll er bei Verbrechen mit einer Strafobergrenze von mehr als zehn Jahren, bei einem Verdacht auf terroristische Straftaten oder bei Straftaten gegen Leib und Leben sowie die sexuelle Integrität mit einer Strafobergrenze von mehr als fünf Jahren. Aktuell prüft der Verfassungsgerichtshof nach einer Beschwerde von Neos und SPÖ, ob der Gesetzestext zulässig ist. Das Gesetz hat vor allem bei Datenschützern für massive Kritik gesorgt, auch für die neue Regierung wird es Thema sein müssen.

Im Rahmen der türkis-blauen Regierung war eine digitale Ausweispflicht geplant, vor einer Umsetzung wurde diese allerdings zersprengt. Mit dem umstrittenen Gesetzesentwurf wollte die Koalition Poster verpflichten, ihre persönlichen Daten zu hinterlassen. Dadurch sollte mit der Anonymität im Netz Schluss sein – User hätten zwar weiterhin unter Pseudonym posten können, hätten Behörden oder im Fall einer Beleidigung Private Zugriff verlangt, hätte dieser aber gewährt werden müssen. Die Pläne sorgten für massive Kritik, auch in einer Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs. Da die ÖVP maßgeblich am Vorantreiben dieser Pläne beteiligt war, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Gesetz in der einen oder anderen Form zurückkehrt. Dabei kritisieren Experten, dass die Problematik, gegen die man eigentlich vorgehen möchte – nämlich Hass im Netz -, auf diese Weise nicht eingedämmt würde.

Die Netzneutralität wird aktuell unter die Lupe genommen. Bei der EU-Verordnung geht es darum, dass alle Daten im Netz gleichbehandelt werden müssen. Aufgrund des neuen Mobilfunkstandards 5G werden die Regeln aber evaluiert. Für die neue Regierung gilt es, sich am heimischen Mobilfunkmarkt für eine Einhaltung der Vorgaben einzusetzen.

Anfang des Jahres wurde EU-weit die Urheberrechtsreform beschlossen, die in der Vergangenheit immer wieder für Furore gesorgt hat. Besonders umstritten bei der Richtlinie ist der Artikel 17, der zuvor als Artikel 13 in Verruf geraten ist. Dieser sieht nämlich vor, dass Inhalte bereits vor ihrer Veröffentlichung geprüft werden sollen, um mögliche Urheberrechtsverletzungen ausfindig zu machen. Netzaktivisten sehen darin eine mögliche Zensur, da es schon im Vorfeld anhand eines Uploadfilters zu Blockierungen kommt. Auch beschlossen wurde ein Leistungsschutzrecht, das künftig etwa die Darstellung von sogenannten "Snippets", kurzen Textausschnitten, beispielsweise von publizistischen Inhalten, ohne finanzielle Vergütung verbietet. Die neue Regierung wird damit beauftragt sein, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.

2018 wurde mit der sogenannten Digitalen Grundbildung in Neuen Mittelschulen und AHS-Unterstufen ein neues, verpflichtendes Fach etabliert. Vermittelt werden hier unter anderem gesellschaftliche Aspekte der Digitalisierung, Medienkompetenzen, der Umgang mit Social Media, Standard-Anwendungen, Mediengestaltung sowie Sicherheit. Die neue Regierung wird hier darauf achten müssen, dass der Lehrplan aktuell bleibt. Gerade hinsichtlich der Entwicklung neuer sozialer Netzwerke und deren Problemfelder wie Cybermobbing, Hasspostings oder die Verbreitung von Fake-News ist auf Aktualität zu achten. Die Ausbildung von Pädagogen darf dem Wissensstand der Schülerinnen und Schüler nicht hinterherhinken.

Wirtschaftsfaktor Games

Die Integration von Games im Schulalltag könnte eine Brücke zwischen angewandter Informatik und den Interessen der Schüler schlagen und in der Folge den Wirtschaftsstandort fördern. Mitte der 90er war Österreich führend bei der Entwicklung von Computerspielen. Mehr als zwei Jahrzehnte später ist davon nicht mehr viel übrig. Die Spielebranche fährt Jahr für Jahr neue Rekordgewinne ein – die heimische Industrie spielt hierbei eine geringe Rolle. 87 Studios gibt es in Österreich, der gesammelte Jahresumsatz lag zwischen 2016 und 2017 bei rund 24 Millionen Euro. Fast alle Projekte werden größtenteils mit privaten Ersparnissen finanziert. Um das Standing der heimischen Spielebranche aufzuwerten, wären vermehrt Förderungen für das Leitmedium des 21. Jahrhunderts durchaus hilfreich.

Auch die Anerkennung von E-Sport als Sportart könnte dafür sorgen, dass Österreich beim digitalen Trendsport in Zukunft nicht hinterherläuft. Kompetitives Gaming zieht immer mehr Zuschauer an, im Alpenland rückt das Thema nun zunehmend in den Fokus. Die nächste Regierung könnte – ob Anerkennung oder nicht – zumindest dafür sorgen, dass in diesem Zusammenhang offene Fragen rund um das Arbeits- und Steuerrecht geklärt werden. (Muzayen Al-Youssef, Daniel Koller, Birgit Riegler, Markus Sulzbacher, 8.11.2019)