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Nicht nur die Spendierhosen des Nationalrats engen den Spielraum der möglichen Koaltionäre Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) ein, es ist vor allem der Konjunkturabschwung.

Foto: Reuters / Leonard Foeger

Der Wirtschaftsabschwung macht die Regierungsbildung nicht leichter. Anstatt großzügige Entlastungen und neue Ausgaben zu erfinden, muss sich das nächste Kabinett damit abfinden, dass die Steuereinnahmen nicht mehr so stark zulegen wie in den letzten Jahren. Am Donnerstag hat auch die EU-Kommission ihre Aussichten in Bezug auf das Wachstum zurückgenommen. Für Österreich wird für die beiden kommenden Jahre nur noch eine Steigerung der Wirtschaftsleistung um 1,4 Prozent angenommen – im Frühjahr ging man für 2020 noch von 1,6 Prozent aus.

Für das Budget sind die Folgen der Abkühlung nicht dramatisch, denn in Brüssel rechnet man immer noch mit einem Überschuss im Staatshaushalt von 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Damit ist die EU-Kommission optimistischer als Finanzminister Eduard Müller, der von einem kleinen Minus im kommenden Jahr ausgeht.

Nur eine Milliarde

Er hat seine Revision nach unten vor allem mit den zusätzlichen Ausgaben begründet, die vor der Wahl im Parlament beschlossen wurden. Dazu zählen beispielsweise die außerordentliche Pensionserhöhung, die abschlagsfreie Frühpension bei 45 Versicherungsjahren und die Valorisierung des Pflegegeldes.

Bewahrheiten sich die Zahlen, hätte Türkis-Grün – sofern es dazu kommt – nicht einmal eine Milliarde Euro für eine Entlastung zur Verfügung. Das gilt freilich nur unter der Voraussetzung, dass keine neuen Schulden gemacht werden. Positiv wirkt sich aus, dass sich die Budgetlage 2021 verbessern soll – die EU-Kommission sagt für das Jahr einen Überschuss von 0,4 Prozent des BIP voraus. Für große Entlastungen, wie sie noch unter der Regierung von ÖVP und FPÖ geplant waren, fehlt jedenfalls der Spielraum.


Türkis-Blau wollte über mehrere Jahre verteilt sechs Milliarden Euro in die Hand nehmen. Geplant waren unter anderem eine Tarifentlastung und eine Senkung der Körperschaftsteuer. Kein Wunder, dass Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer am Donnerstag den Wunsch aussprach, dass die Steuerpläne der letzten Regierung umgesetzt werden. Das sei im Abschwung das richtige Mittel. Bedarf für ein eigenes Konjunkturpaket sieht Mahrer hingegen derzeit nicht.

Längere Abschwungsphase

Die Ökonomen der Kommission sind sich zusehends sicher, dass eine längere Abschwächungsphase, aber keine Rezession auf Europa zukommt. Das Wachstum der Eurozone wird laut EU-Kommission bis zum Prognoseende 2021 nur knapp über einem Prozent liegen. Damit werden die Hoffnungen, dass die europäische Wirtschaft rasch die Talsohle durchschreitet, enttäuscht. Das liegt an Schwellenländern wie China, die nicht mehr so stark expandieren, aber auch an der Alterung und der mäßigen Produktivitätsentwicklung in Europa. Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der EU-Kommission: "Nun könnten schwierige Zeiten anbrechen."

Aus Brüssel kamen am Donnerstag aber auch gute Nachrichten. Die Eintrübung der wirtschaftlichen Lage bleibt großteils auf die Produktion beschränkt, die stark von den Exporten abhängig ist. Der Konsum soll demnach weiter florieren. In diesem Szenario würde die niedrigste Arbeitslosigkeit seit der Jahrtausendwende in der Eurozone trotz der Abkühlung weiter zurückgehen. (Andreas Schnauder, 8.11.2019)