Den slowakischen, rumänischen, ungarischen und anderen Pflegerinnen wurde Anfang des Jahres sogar die Familienbeihilfe gekürzt – der Aufschrei blieb aus.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

"In Österreich ist die Gleichstellung längst erreicht! Wo, bitte, werden bei uns Frauen schlecht behandelt? Jede hat hier die gleiche Chance!" Solche und ähnliche Aussagen hört man bei uns, quer durch alle Gesellschaftsschichten, sobald das Wort "Feminismus" fällt. Und natürlich stimmen diese beschwichtigenden Aussagen nicht. Die Lohnschere geht nicht zu, Frauen sind in Führungspositionen noch immer rar, Gewalt an Frauen und Femizide sind Realität. Und wenn Sie jetzt noch immer davon überzeugt sind, dass sich das Patriarchat und die systematische Ungleichheit aus Österreich verabschiedet hat, dann sollten wir über die "moderne Sklavinnen" reden.

Als Opfer "moderner Sklaverei" bezeichnen Experten jene Pflegerinnen (und hier kann man das generische Femininum getrost stehen lassen) aus dem Ausland, die in Österreich in der 24-Stunden-Pflege arbeiten. Es gibt also zehntausende Frauen, die hier leben und arbeiten, mitten in Österreich, unter miserabelsten Bedingungen. Sie leisten Übermenschliches und bleiben vollkommen unsichtbar. Sie sind an unfaire Verträge gefesselt, die sie nicht verstehen, für sie gelten die arbeitsrechtlichen Errungenschaften unseres Sozialstaats nicht.

Und es ist auch kein Zufall, dass es Frauen sind, die hier so miserabel behandelt werden. Sie machen jene Arbeit, die seit jeher als "weiblich" gilt: Pflegen, Kümmern, Trösten. Und sie entlasten damit andere Frauen, die bisher aufopferungsvoll diese Arbeit übernommen haben: Ehefrauen, Töchter, Schwiegertöchter. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, wieso über die Pflegerinnen niemand redet, nicht einmal die Feministinnen.

Während über die Diskriminierung in Politik und Wirtschaft und über die gläserne Decke viel und breit, auch medial, debattiert wird, hört man kaum etwas über die illegal beschäftigte, vielfach diskriminierte Pflegerin, Putzfrau oder Nanny. Es handelt sich nämlich meistens um Migrantinnen mit unsicherem Aufenthaltsstatus, miesen Lebensbedingungen und schlechten Stundensätzen.

Den slowakischen, rumänischen, ungarischen und anderen Pflegerinnen, besser gesagt ihren Kindern, wurde Anfang dieses Jahres sogar die Familienbeihilfe gekürzt – oder "angepasst", wie es in oder offiziellen Kommunikation der Regierung hieß. Es gab keinen Aufschrei, obwohl diese Frauen mitten unter uns leben, unsere Alten und Kranken pflegen und bald vielleicht auch uns.

Ich werde Sie jetzt nicht mit anstrengenden und abgehobenen akademischen Begriffen wie "intersektionaler Feminismus" oder "postkoloniale Theorien" quälen. Und Sie auch nicht bitten, Ihre Privilegien zu hinterfragen, denn wenn Sie diese Zeilen lesen, sind Sie im Vergleich zu den oben genannten Frauen ohne Zweifel privilegiert. Und wenn Sie mit Feminismus oder Solidarität Berührungsängste haben, dann denken Sie einfach an die Zukunft und an das eigene Alter. Die Probleme mit der Finanzierung der Pflege lagern wir gerade an diese zutiefst diskriminierten Frauen aus. Das kann keine dauerhafte Lösung sein. (Olivera Stajić, 8.11.2019)