Anziehung und Abstoßung: Mark Waschke und Meret Becker haben es mit sich und den anderen nicht leicht im neuen Berliner "Tatort: Das Leben nach dem Tod?", am Sonntag um 20.15 Uhr, ORF 2 und ARD.

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So ein Tatort ist meist kein schöner Anblick. Der alte Fritz Irrgang, der acht Wochen lang in seiner Wohnung verweste, hinterließ Spuren. Ein Tatortreiniger mit sensiblem Magen macht seinem Ekel gerade freien Lauf, als Kriminalhauptkommissar Robert Karow (Mark Waschke) nebenan in seine Wohnung will. "Ist irgendwas passiert?" Acht Wochen. So lange lebte Karow neben dem Toten, ohne etwas davon zu bemerken. Übrigens: Leichengeruch stellt keinen Anlass für Mietminderung dar. Vielen Dank. Großstadtschicksal.

Dem Tatortreiniger geht es auch sonst nicht gut, er hat Wahnvorstellungen und Panikattacken. "Es gab da etwas, über das er nicht sprechen konnte oder wollte", sagt die Leiterin des Gebetskreises.

Die Walther P38 in der Einkaufstasche

Dass hier gröber etwas nicht stimmt, muss auch der Richter a.D. Gerd Böhnke (Otto Mellies) feststellen. Er wurde von zwei jungen Frauen überfallen und niedergeschlagen. In der Einkaufstasche hat er deshalb die Walther P38. Sicher ist sicher.

Ein Raubüberfall? Eher nicht. Böhnke war in der DDR eine große Nummer und verhängte als Richter Todesstrafen. Manche Wunden heilen nicht. Der alte Irrgang meinte, er müsse für die bösen Taten seiner Vergangenheit "ein Leben lang büßen", zeigt sich der Richter uneinsichtig.

Die Chemie stimmt nicht

Karow und seine Kollegin Nina Rubin (Meret Becker) ermitteln davon meilenweit entfernt, für zusätzliche Zerstreuung sorgt die neue Staatsanwältin, die den Part der dauernd fehlplatzierten einnimmt. Die Chemie stimmt nicht, Karow ist sauer, weil Rubin beruflich fremd geht oder es zumindest vorhat. Sie kommen einander näher und doch nicht. Man hat das alles irgendwie schon gesehen.

Der Fall von Sarah Schnier (Buch) und Florian Baxmeyer (Regie) streift eine Menge Themen an – Verwahrlosung, Großstadtisolation, DDR-Vergangenheit, Migrationshintergrund, Schuld, Rache, Buße, Trauma und dann sogar noch eine Geiselnahme – richtig hängen bleibt man nirgendwo. Karow schwebt in anderen Sphären, was sich aber als richtig erweist. Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod? Nee, ganz bestimmt nicht, sagt Karow. Rubin schon. Das verbindet. (Doris Priesching, 9.11.2019)