Um mit Künstlicher Intelligenz erfolgreich zu sein, müsse man die Technologie in das ganze Geschäftsmodell integrieren. Nur das Einsparen von Kosten, reicht nicht aus.

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Wien – Sie ermöglicht es, dass Autos von allein fahren, sie unterstützt Ärzte bei Krebsdiagnosen, und sie lässt Roboter mit Menschen kommunizieren: künstliche Intelligenz (KI). Viele loben sie, einige fürchten sie, und wieder andere verstehen eigentlich nicht so richtig, was sie macht. Das Beratungsunternehmen Boston Consulting Group (BCG) und das Forschungsmagazin MIT Sloan Management Review haben weltweit mehr als 2500 Führungskräfte aus 29 Industrien in 97 Ländern befragt, wie es ihnen mit dem Thema geht.

Chance oder Risiko

Das Ergebnis der Studie "Winning with AI" kam durchaus überraschend. Zwar betrachten die meisten Führungskräfte KI als Chance, knapp die Hälfte sieht sie aber zunehmend auch als strategisches Risiko. Zum einen fürchten sie, vom Wettbewerb respektive jüngeren, agileren Tech-Firmen abgehängt zu werden, gleichzeitig wissen sie nicht, wie sie KI-Technologie für ihr Unternehmen wertschaffend einsetzen können.

"Die Unterschiede zwischen China, den USA und Europa sind groß. Die chinesische Wirtschaft ist flächendeckend sehr stark auf den Umgang mit Daten fokussiert. In den USA konzentriert sich das auf das Silicon Valley, und Europa hinkt hinterher", sagt BCG-Experte Ronny Fehling im Gespräch mit dem STANDARD. In China erleben knapp 80 Prozent der Unternehmen einen sichtbaren Einfluss von KI auf ihr Unternehmen, während es in den USA und in Europa nur 39 bzw. 30 Prozent sind.

Daten und Dampfmaschine

Wer mit der komplexen Technologie reüssieren möchte, muss sie der Studie zufolge in das ganze Geschäftsmodell integrieren und darf sie nicht als eine Sparte der IT ansehen. "70 Prozent des Erfolgs resultieren aus der Veränderung von firmeninternen Prozessen, nur 20 Prozent aus Technologie und zehn aus den Daten", sagt Fehling. Er verweist auf die vorige industrielle Revolution. Elektromotoren hätten auch nicht vom einen auf den anderen Tag Dampfmaschinen abgelöst. Beispiel Nähmaschine: "Nach und nach ließen sich in einer Firma Nähmaschinen individuell mit einem eigenen Motor betreiben. Das war Fortschritt."

Chinesische Unternehmen orten in der KI zwar ein größeres Risiko als europäische und amerikanische. Sie bringen jedoch auch mehr Bereitschaft auf, dieses Risiko einzugehen und zu investieren. Sie versuchen vor allem, eine Umsatzsteigerung mittels KI zu erwirtschaften. In Europa und den USA wird sie öfter zur Kostenreduktion und Prozessoptimierung eingesetzt. Mit enden wollenden Erfolgsaussichten. "Die Kluft zwischen KI-Pionieren und dem Rest der Welt wird immer größer", erklärt Fehling.

Europa hat Potenzial, aber...

Er attestiert Europa zwar großes Potenzial, Daten zu generieren und zu verwerten, es fehlt jedoch an der Grundvoraussetzung. Die IT-Infrastruktur reicht nicht aus, um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben, und auch an qualifizierten Mitarbeitern mangelt es. Vor allem in Österreich werden diese Hürden kontinuierlich größer.

Der Maschinenbau stellt hierzulande das Schlusslicht bei der Implementierung künstlicher Intelligenz dar. Weiter fortgeschritten sind die Logistik- und Autobranche, doch auch bei ihnen drängt die Zeit. (Andreas Danzer, 9.11.2019)