Die türkis-grünen Sondierungen werden heute, Freitag, beendet.

Foto: Christian Fischer

Sebastian Kurz ist in seiner türkisen ÖVP ein nahezu absolutistischer Herrscher. Er hat sich bei seiner Kür zum Parteichef weitgehende Machtbefugnisse ausbedungen. Er braucht in den Gremien nicht mehr um Erlaubnis fragen, wen er aufstellen oder mit wem er koalieren darf. Das ist für ihn sicherlich praktisch, und solange Kurz Kanzler ist und politische Erfolge verbuchen kann, wird ihm auch niemand aus den Ländern schräg reinkeppeln. Mit den ersten Anzeichen von Schwäche könnte sich das ändern, aber davon sind wir gerade weit entfernt.

Werner Kogler hat all diese Machtbefugnisse nicht. Er muss sich bei den Grünen einer Basisdemokratie stellen, bei der letztlich auch die interessierten Mitglieder der Bewegung mitreden können. Das gilt für die Listenerstellung ebenso wie für die allfällige Beteiligung an einer Regierung. Das bedingt lange Diskussionen und mühevolle Überzeugungsarbeit, strategische Manöver und geschicktes Fraktionieren. Kogler ist darauf angewiesen, dass Führungsriege und Basis mitgehen. Das birgt bei manchen Abstimmungen ein Risiko in sich, sollte aber den Vorteil haben, dass alle an einem Strang ziehen, wenn eine Entscheidung erst einmal gefallen ist.

Ordnung und Bravsein

Freilich ist die Disziplin innerhalb der Volkspartei, in der Ordnung und das Bravsein noch als Tugenden hochgehalten werden, ungleich stärker ausgeprägt als bei den Grünen, denen eine gewisse Lust an der anarchistischen Unordnung und am Widerstand genetisch mitgegeben ist. Aber den meisten Grünen wird klar sein: entweder weiter herumjammern und nichts bewegen oder selbst mitanpacken und etwas umsetzen können. In erster Linie beim Klimaschutz, aber vielleicht ist die ÖVP auch in Bildungsfragen oder beim Schutz der Menschenrechte ansprechbar.

Mag sein, dass es aus den Reihen der Grünen immer wieder Querschüsse gegen Vereinbarungen mit der ÖVP geben würde. Aber da brauchen die Protagonisten der Volkspartei nicht angerührt sein: Das sind auch keine Waserln, sie sind mit allen politischen Wassern gewaschen. Wenn wer den politischen Untergriff, die schlechte Nachrede und die schmutzigen Tricks beherrscht, dann ist das die ÖVP.

Was eine gemeinsame Message-Control von ÖVP und Grünen betrifft, und Kurz wird das sicher wollen, da könnte noch viel Spaß auf uns zukommen. Das kriegen sie mit den Grünen auf Dauer nicht hin, da spielen einfach zu viele Diven mit. (Und Diven sind in der Politik generell männlich.) (Michael Völker, 8.11.2019)