Kurz beendete am Freitag die Sondierungsgespräche, wies aber darauf hin, dass den Parteien noch intensive Koalitionsverhandlungen bevorstehen.

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Eines stellte Werner Kogler unmissverständlich fest: "Die Sondierungen sind beendet", sagte er am Freitagabend im Winterpalais in der Wiener Innenstadt. Zuvor war zehn Stunden lang mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz und seinem Team geredet worden. Allen weiteren Fragen, vor allem jenen nach der prozentuellen Einschätzung, wie wahrscheinlich denn die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP sei, wich er aus. "Eineinhalb Tage Geduld, das bringen wir doch noch zusammen, oder?", verwies er auf den Erweiterten Bundesvorstand (EBV) der Grünen, der am Sonntagmittag zu tagen beginnt. Bis dahin will sich Kogler ausgiebig beraten, welche Empfehlungen er diesem zweithöchsten Gremium der Grünen geben will. Dass er eine Präferenz hat, ist klar, "aber ich werde Ihnen das nicht verraten".

Kogler will sich mit den Ländervertretern und den Abgeordneten beraten, die Zustimmung, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen, muss am Sonntag aber der EBV erteilen. Die Sondierungsphase habe er jedenfalls sehr ernst genommen. Die Regierung, so die Grünen Teil davon sind, solle die nächsten fünf Jahre halte, eigentlich wolle er eine Regierungsbeteiligung aber überhaupt mit einer Perspektive von zehn Jahren angehen. Der EBV wird am Sonntag um 12 Uhr zusammentreten, für 16 Uhr ist eine Entscheidung in Aussicht gestellt.

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Kurz: Es gibt mehr Optionen als beim letzten Mal

Nach Kogler und seinem Team trat dann Sebastian Kurz mit seinen Verhandlern vor die Mikros. Auch er ließ sich noch nicht in die Karten blicken, auch er wolle sich erst einmal ausgiebig mit den Vertretern seiner Partei, den Länderchefs und den Bünden beraten. "Die Phase des Sondierens ist abgeschlossen", sagte Kurz, und er verwies mehrmals ausdrücklich darauf, dass er nicht nur mit den Grünen, sondern auch mit anderen Parteien sondiert habe. "Es gibt mehr Optionen als beim letzten Mal." Kurz bedauerte, dass die freiheitliche Partei leider nicht bereit gewesen sei, in Sondierungen einzutreten. Aber immerhin stünden sowohl die SPÖ als auch die Neos zu Koalitionsverhandlungen bereit – und die Grünen würden ihre Entscheidung am Sonntag treffen. Spätestens am Montag wolle er dann seine Entscheidung treffen und diese auch der Öffentlichkeit bekanntgeben.

Kurz wolle nun gemeinsam mit seinem Team die Eindrücke der vielen Gespräche, die er geführt hat, verarbeiten. Er werde dann innerhalb seiner Partei durchaus die Meinung auf den Tisch legen und eine klare Entscheidung treffen.

Dass Werner Kogler wenige Minuten zuvor auf eine gemeinsame Regierungsphase von zehn Jahren gedrängt hatte, wollte Kurz nicht kommentieren, "so gut kenne ich ihn nicht, aber ich glaube nicht, dass er das so gesagt hat".

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Noch nix ist fix

Ausdrücklich wies der ÖVP-Chef noch einmal darauf hin, dass die Entscheidung über Koalitionsverhandlungen noch nicht bedeute, dass es fix auch diese Regierungsvariante geben werde. Mit der FPÖ, so erzählte Kurz rückblickend, habe es bei den Koalitionsverhandlungen 2017 viele inhaltliche Schnittmengen gegeben, da seien die Programme teilweise sogar deckungsgleich gewesen. Da sei es einfach gewesen, relativ rasch zu einer Einigung zu kommen. Kurz: "Das war leicht zu verhandeln. Mit den Grünen und der SPÖ stellt sich das anders dar."

Kurz wird wohl nicht nur auf eine Entscheidung der Grünen warten, sondern über das Wochenende auch Kontakt mit SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger aufnehmen, ehe er eine Entscheidung kundtut. Die SPÖ hatte bereits nach der ersten, kurzen Sondierungsrunde mit Türkis deponiert, dass sie für Regierungsverhandlungen bereitstünde, doch nur exklusiv. Allerdings rechnet in der SPÖ kaum jemand mit einem Verhandlungsangebot von Kurz. Der ÖVP-Chef dürfte sich längst für die Grünen entschieden haben. (Michael Völker, 8.11.2019)