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Lukas Weißhaidinger ist verärgert.

Foto: REUTERS/Kai Pfaffenbach

Arschig würde Lukas Weißhaidinger nie sagen. Weißhaidinger ist Innviertler, außerdem ist er "heiß", bei ihm beginnt das Wort immer noch mit O wie Otto. So und nicht anders, sagt er, "wurde mit uns Sportlern umgegangen". Österreichs herausragender Leichtathlet ist "heiß auf den Weltverband", der World Athletics (kurz: WA) heißt (früher IAAF) und just Weißhaidingers Disziplin degradiert hat. Der Diskuswurf, in dem der 27-Jährige heuer WM-Dritter und zuvor EM-Dritter sowie Olympiasechster war, wird demzufolge künftig nicht mehr auf dem Programm der renommierten Diamond-League-Meetings stehen.

Der Weltverband streicht mehrere Disziplinen, neben Diskus sind der 200-Meter-Lauf, der Dreisprung und der Hindernislauf betroffen. WA-Präsident Sebastian Coe begründete die Straffung mit der fehlenden Attraktivität für Zuseher und TV-Sender. "Unser Ziel ist es, eine schnellere und spannendere globale Liga zu schaffen, die das Schaufenster für unseren Sport sein wird. Eine Liga, die Sender zeigen wollen und die Fans sehen wollen."

Lewis fordert Neugründung

Die WA-Ankündigung hat in der Leichtathletikwelt hohe Wellen geschlagen. Der neunfache Olympiasieger Carl Lewis (58) riet den Athletinnen und Athleten zur Gründung einer eigenen Liga. "Es wird schwer und dauert einige Zeit. Aber ihr werdet sehen, ihr habt keine andere Wahl", sagte der US-Amerikaner. Die Aktiven sollten den Weltverband verlassen. Dessen Meetingserie, so Lewis, habe er "schon 1997 für ein Desaster gehalten". Und mit den derzeitigen Strukturen sei es "unmöglich, den Sport zu betreiben, den wir ausüben".

Weißhaidinger würde es begrüßen, wenn "eine stärkere Gemeinschaft entsteht" und die Athleten "mehr Einfluss kriegen". Einen echten Aufstand kann er sich nicht vorstellen. "Unter Spitzensportlern gibt es nicht so viele Kämpfer. Jeder kämpft für sich, konzentriert sich auf seine Leistung." Er stößt sich vor allem daran, dass die Sportler in keiner Weise eingebunden wurden. "Wir erfahren dann aus den Medien davon. Diese Art der Kommunikation ist sehr bescheiden."

Am Freitag wagte Dreisprung-Olympiasieger Christian Taylor zumindest einen organisatorischen Vorstoß. Der US-Amerikaner gab bekannt, eine Interessensvertretung für Leichtathleten gründen zu wollen. "Es ist Zeit für echte Veränderungen", schrieb der Verlobte der österreichischen Hürdensprinterin Beate Schrott.

Unverständnis

Weißhaidinger sagt, er könne verstehen, dass die Leichtathletik populärer werden soll. Aber dass eine Meetingserie, die sich hauptsächlich in Europa abspielt, just Sparten streicht, in denen Europa dominiert, versteht er nicht. Der Oberösterreicher, der in Tokio 2020 eine Olympiamedaille anstrebt, merkt an, dass der Diskuswurf schon bis jetzt selten im TV zu sehen war. "Dennoch haben sie uns rausgekickt. Dabei ist Diskus eine klassische Disziplin." Weißhaidingers Coach Gregor Högler sagt: "Wenn sich Menschen die Statue eines Leichtathleten vorstellen sollen, stellen sich fast alle die Statue eines Diskuswerfers vor."

Über die 20.000 US-Dollar, die er als Zweiter beim Diamond-League-Finale kassierte, hat sich Weißhaidinger gefreut. Wie sich der nun ersatzweise geplante Continental Cup mit Eintageswettkämpfen vermarkten und wie sich dort verdienen lässt, bleibt abzuwarten. "Vielleicht entsteht etwas ganz Neues, vielleicht stellen die Werfer auch eine eigene Serie auf die Beine." Und Geld, sagt Lukas Weißhaidinger, ist im Leben eines Diskuswerfers ohnedies nicht das A und O.

Der WM-Dritte und EM-Dritte Lukas Weißhaidinger stößt sich daran, wie der Weltverband mit den Aktiven umspringt. "Ich verstehe, dass man den Sport attraktiver machen will. Aber dass das auf dem Rücken der Sportlerinnen und Sportler geschieht, kann ich nicht verstehen." (Fritz Neumann, 9.11.2019)