Ein Bericht über Missbrauch in einer Burschenschafter-nahen Familie sorgt für Wirbel in der Szene (Symbolbild)

Foto: Standard/Fischer

Wien – Ihre Geschichte hat an diesem Wochenende viele Menschen bewegt: DER STANDARD berichtete in seiner Samstagsausgabe von einer jungen Frau aus einem rechtsextremen Elternhaus, die einst als Kind von ihrem eigenen Bruder, einem heutigen Burschenschafter, missbraucht worden sein soll. Dessen Burschenschaft soll ihre Warnung ignoriert haben, obwohl der Bruder dort heute mit Jugendlichen zu tun habe.

Auf Anfrage zeigte sich die Schülerverbindung dann offen, die Vorwürfe zu prüfen. Doch hinter den Kulissen geschah etwas anderes. Ein ehemaliges Mitglied der Burschenschaft meldete sich am Samstag telefonisch bei dem Lebensgefährten der Betroffenen: Wenn man weiter mit Medien rede und ihn dabei erwähne, werde er "einen Anschlag" auf diesen verüben.

Einschlägig verurteilt

Bei dem mutmaßlichen Anrufer handelt es sich laut dessen Angaben um einen einschlägig verurteilten Kameraden des Neonazis Gottfried Küssel. Unklar ist, wie dieser an die aktuelle Telefonnummer des Lebensgefährten gelangt ist. Letzterer vermutet, dass ein Mitglied der betroffenen Burschenschaft die Nummer nach dem Artikel weitergegeben hat. Das Landesamt für Verfassungsschutz Wien hat nach der Drohung Ermittlungen eingeleitet, der Sachverhalt wurde bei der Polizei angezeigt. Der Rechtsextreme erkannte sich trotz Anonymisierung offenbar in diesem Text wieder und meldete sich beim STANDARD, um die Drohung zu dementieren. In einer weiteren E-Mail behauptete er, nicht mit einem "Anschlag gedroht", sondern sich nur "mit Gruß und Handschlag" verabschiedet zu haben. Das habe er auch gegenüber dem Verfassungsschutz zu Protokoll gegeben, er fühle sich "verleumdet".

Der Vorfall zeigt, welche Unruhe der Bericht sowie die politische Unterstützung der Betroffenen durch die grüne Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic bei den Burschenschaften ausgelöst hat. Die jetzt erwachsene Betroffene kämpft dafür, dass wieder gegen ihren Bruder ermittelt wird – die Staatsanwaltschaft erteilt dem eine Absage. Im Jahr 2004 soll der damals 14-Jährige, der da schon Burschenschafter war, seine siebenjährige Schwester missbraucht haben: durch Zungenküsse, die ihr die Luft abschnürten und durch Versuche, Oralverkehr und Penetration zu erzwingen.

Frau kämpft für Reform

Es gab Ermittlungen, weil sich die Siebenjährige einer Freundin und deren Mutter anvertraute. Doch die Eltern stellten sich auf die Seite des Bruders und übten laut Polizei "enormen Druck" auf das Mädchen aus. Der Bruder bestritt die Vorfälle stets. Schlussendlich wurde das Verfahren eingestellt, auch weil die Betroffene nicht mehr offen mit den Behörden sprach.

Heute will die mittlerweile erwachsene Frau für eine Gesetzesänderung eintreten, um Neuauflagen abgeschlossener Verfahren zu ermöglichen, wenn das Opfer erwachsen wird. Und sie will juristisch gegen ihre Eltern vorgehen. Diese waren eng mit dem rechten Milieu verbunden und mit Küssel befreundet, der im Elternhaus "ein- und ausgegangen" sein soll. Aus genau diesen Kreisen kam nun die Warnung – die Betroffene und ihr Partner wollen sich aber "nicht einschüchtern lassen". (Fabian Schmid, 10.11.2019)