Julia Bornefelds Installation "Tyrolean ziccurat" wirkt ganz passend: In der Tiroler Museumslandschaft ist womöglich manches im Entstehen.

Foto: alexander haiden

Von den vielen Funktionen, die Museen zugedacht werden, ist das "Gedächtnis" die am häufigsten bemühte. Besonders Landesmuseen definieren sich mit ihren Sammlungen zu regionaler Kunst-, Kultur- und Naturgeschichte gern als Gedächtnis ihrer Region. Aber für wen? Wovon? Und mit welchem Bezug zur Gegenwart oder gar Zukunft? All das sind Fragen, die die museologischen Debatten nicht erst seit gestern bestimmen und neue Konzepte verlangen. Im "Gedächtnis Tirols" rumpelte es zuletzt aber nicht nur deshalb kräftig – es ging in erster Linie um Personalien: 2018 wurde die Direktion der Tiroler Landesmuseen überraschend neu ausgeschrieben und der aus Tirol gebürtige Museumsmanager Peter Assmann zum Chef gekürt. Im November ist er angetreten und soll nun richten, was zu richten ist. Auf niedrigem Niveau stagnierende Besucherzahlen gehören dazu.

Hauptthema Ferdinandeum

Das Hauptthema ist aber das Herzstück der aus fünf Häusern bestehenden Museumslandschaft, namentlich das Ferdinandeum. Dass die Gesellschafter Land Tirol und Museumsverein das Mehrspartenhaus mit seinen bedeutenden Sammlungen stärker als "Haus der Kunst" positioniert sehen wollen, ist seit Jahren bekannt; internationaler soll es auch werden. Assmann, der gern auf sein eigenes künstlerisches Schaffen verweist, tauschte diesen Job gegen seine letzte Wirkstätte im italienischen Mantua, wo er erfolgreich den Palazzo Ducale geleitet hat.

Eine Art Labyrinth

Allerdings ist das Ferdinandeum ein schwer bespielbares Labyrinth. Der Verein aber möchte sein 200-Jahr-Jubiläum 2023 in einem rundum erneuerten Haus feiern. Zeitlich wird das knapp: Bislang ist trotz jahrelanger Vorarbeiten in Richtung Umbau und Neuaufstellung weder eine konkrete Finanzierungszusage des Landes noch ein Architektenwettbewerb in Aussicht. Dass das Land auch Assmann zum Amtsantritt nicht mit einer diesbezüglichen Frohbotschaft ausgestattet hat, ist immerhin bemerkenswert. Die Gespräche aber, so Assmann betont optimistisch, seien so weit gediehen "wie noch nie".

Auch das hat man in den letzten Jahren gehört. Der neue Chef macht jedenfalls kein Hehl aus seinen Visionen, die einen Dachausbau samt Skybar und vermietbarem Veranstaltungsraum beinhalten. 70, 50 oder (wahrscheinlichere) 30 Millionen Euro Umbaukosten? Es hänge von der Politik ab, was möglich sei. Die aber schweigt. Auf STANDARD-Anfrage heißt es von Landesseite lediglich, "das einvernehmliche Ziel" sei, "das Projekt qualitätvoll und zeitgerecht umzusetzen".

Funktionierende Schachtel

Als Minimalvariante wünscht sich Assmann eine "funktionierende Museumsschachtel", die den Standards hinsichtlich Barrierefreiheit, Sicherheits- und Klimatechnik entspricht. Gebaut habe er an jeder seiner Wirkstätten, etwa im Schlossmuseum Linz in seiner Zeit als Museumschef. Rund 12,5 Millionen Euro pumpt Tirol jährlich in die Landesmuseen-Betriebsgesellschaft, die über das Ferdinandeum hinaus ein Problem mit Profilen hat. "Die Texte zu den einzelnen Häusern sind in weiten Teilen deckungsgleich", das 2011 eröffnete Tirol-Panorama mit Riesenrundgemälde und Kaiserjägermuseum sei eine "eigenartige Mischung", so Assmann.

Eine komplette Neuorientierung ist nicht auszuschließen, der Alpenverein sucht schon lange ein Obdach für ein Alpinmuseum, Assmann verweist auf anstehende Gespräche. Davon abgesehen will er die "Mehrspartensituation" intensiver leben und einen Fokus auf die Region Tirol-Südtirol-Trentino legen. Als zentrales Projekt für 2020 stellte er eine Schau zu Goethes italienischer Reise vor, zudem zeigt er im Ferdinandeum zeitgenössische Kunst aus dem Iran. Fortgesetzt werden soll auch die bereits unter seinem Vorgänger mit einem "Forum Migration" gestartete Öffnung nach außen und hin zu gesellschaftlichen Fragen. (Ivona Jelčić, 10.11.2019)