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In Graz sitzen elf mutmaßliche Jihadisten auf der Anklagebank.

Foto: dapd / Markus Leodolter

Graz – Am Grazer Straflandesgericht ist am Montag der Prozess gegen elf mutmaßliche Jihadisten fortgesetzt worden. Den drei Frauen und acht Männern werden die Verbrechen der terroristischen Organisation, der kriminellen Vereinigung und der staatsfeindlichen Verbindung vorgeworfen. Am zweiten Verhandlungstag wurde mit der Befragung der Angeklagten begonnen.

Die zehn Beschuldigten, die nicht in Haft sind, erschienen wieder pünktlich im Gericht und verteilten sich auf der Anklagebank. Die sechs Verteidiger hatten übereinstimmend erklärt, ihre Mandanten seien nicht schuldig. Der Richter nahm sich bei der Befragung zunächst einen ehemaligen Obmann des radikalislamischen Taqwa-Vereins in Graz vor. "Ich wollte nicht Obmann werden, ich wurde überredet." Er sei nur "Obmann auf dem Papier" gewesen, das Sagen habe immer der erstangeklagte Prediger gehabt.

Dass im Gebetsraum der Grazer Moschee die Kriegsflagge der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) aufgehängt war, wollte er nicht realisiert haben. Als ihm der Richter ein Foto des Gebetsraums zeigte, auf dem die Flagge deutlich zu sehen ist, sagt der Angeklagte: "Ich kenne mich nicht so gut aus. Das ist die arabische Flagge." – "Nein, die ist grün", antwortete der Vorsitzende. "Das weiß ich nicht", wich der Beschuldigte aus. "Aber ich", bemerkte der Richter.

Bart abrasiert

Der Beschuldigte hatte als Busfahrer bei der ÖBB gearbeitet. Nach Meinung seiner Glaubensbrüder sei der Job aber "Sünde" gewesen, weil er laufend mit Ungläubigen in Kontakt war. "Das ist ein staatlicher Job, an sich erstrebenswert für jeden Österreicher", gab der Richter zu bedenken.

Optisch hat sich der Angeklagte sehr verändert. Bei der Verhandlung trug er einen ganz kurzen Bart und eine normal lange Hose. "Sie haben früher anders ausgeschaut", bemerkte der Richter und zeigte den Geschworenen ein älteres Bild. Das wolle der Prophet so, antwortete der Befragte. "Langer Bart, kürzere Hose, das sind äußere Zeichen für Salafisten", stellte der Richter fest.

Angeklagter dementiert, nach Syrien gewollt zu haben

"Wollten Sie jemals nach Syrien gehen?", fragte der Vorsitzende. "Nein, nie." Er will nicht einmal etwas von der Abreise der anderen Paare bemerkt haben. "Das hat in der Moschee aber jeder gewusst", bemerkte der Vorsitzende. Er habe nur etwas von der Türkei gehört, so der Angeklagte. "Ausreise in die Türkei ist ein Synonym für Ausreise nach Syrien", erklärte der Richter, der im Übrigen darauf verwies, dass dies nicht sein erster Jihadistenprozess sei.

Die erste Frau des Angeklagten hatte sich stets geweigert, ein Kopftuch zu tragen. Mittlerweile ist er mit einer anderen verheiratet. "Ihre jetzige Frau trägt Niqab?", fragte der Richter. "Ja." Was für ihn der Jihad bedeute, wurde er gefragt. "Dass ich sauber bin, beten, fasten", antwortete der Mann. "Und kämpfen in Syrien?" – "Nein."

Erst vor knapp einem Monat wurden in Graz vier mutmaßliche Jihadisten zu Haftstrafen von fünf Monaten bis sieben Jahren verurteilt. (APA, 11.11.2019)