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"Moskau City" gilt als überaus prestigeträchtige Adresse in der russischen Hauptstadt.

Foto: AP Photo/Pavel Golovkin

Mindestens 19 Apartments in dem luxuriösen Wohnkomplex "Moskau City" sollen sich Verwandte des syrischen Staatschefs Bashar al-Assad einem Bericht der "Financial Times" zufolge gesichert haben. Die Zeitung schätzt unter Verweis auf Dokumente, die ihr von der NGO Global Witness zugespielt wurden, den Wert der Immobilien auf etwa 40 Millionen Dollar. Die 1993 gegründete Organisation hat sich auf die Aufdeckung von Korruptionsfällen spezialisiert; zumeist in rohstoffreichen Ländern, die unter Armut und Konflikten leiden. Unter anderem beschrieb Global Witness unter dem Stichwort "Blutdiamanten" die Rolle der internationalen Diamantenhändler bei der Finanzierung der Bürgerkriege in Angola und Sierra Leone.

Im Fall Assad hat Global Witness Dokumente gefunden, die belegen, dass engste Familienangehörige des syrischen Staatschefs seit 2013 kontinuierlich Wohnungen in "Moskau City" gekauft haben. Zu der Zeit befand sich das Regime in der Defensive und verlor in Syrien an Boden. Zugleich stand Assad international unter Druck, nachdem ihm der Einsatz von Chemiewaffen gegen Zivilisten vorgeworfen worden war. Auch wenn Russland (gemeinsam mit China) eine Verurteilung durch den UN-Sicherheitsrat mit seinem Veto verhinderte, waren damit eine Abdankung und ein Exil im Westen – beispielsweise in London, wo er Medizin studierte, bevor er zum Nachfolger seines Vaters Hafiz al-Assad aufgebaut wurde – ausgeschlossen.

Immobilien als Absicherung

Der Kauf von Immobilien in Moskau als Absicherung gegen einen damals nicht unwahrscheinlichen Sturz und für eine nötige Flucht ergibt insofern Sinn. Allerdings sollen die Käufe auch nach dem Eingreifen Russlands in Syrien, das die Lage für Assad stabilisierte, erfolgt sein. Das (vorerst) letzte Apartment wurde demnach erst im Juni 2019 erworben. Die Immobilienkäufe wurden zumeist über Offshore-Firmen abgewickelt.

18 der Objekte liegen im 2010 fertiggestellten Wolkenkratzer-Komplex "Gorod Stoliz", zu Deutsch "Stadt der Hauptstädte" – einem Doppelturm von 300 beziehungsweise 250 Meter Höhe. Noch höher ist der Federation Tower mit 374 Meter, der europaweit nur noch vom Petersburger Gazprom-Hauptquartier Lachta Center übertroffen wird. Hier hat die Assad-Familie eine weitere Wohnung gekauft.

Über die Größe der Immobilien ist zwar nichts bekannt, aber laut dem russischen Immobilienportal CIAN reicht der Durchschnittspreis von gut zwei Millionen Dollar pro Apartment, den die Assad-Familie bezahlt hat, im Federation Tower für gut 180 Quadratmeter.

13 Wohnungen gehören dem Cousin

Die meisten Immobilien – immerhin 13 Stück – gehören dabei Assads Cousin Hafez Makhlouf. Über den einstigen Geheimdienstoffizier gibt es widersprüchliche Nachrichten: So berichtete der Sender Al Arabiya 2012, Makhlouf sei bei einem Bombenanschlag 2012 getötet worden. Später hieß es allerdings, er sei mit seiner Frau nach Weißrussland geflohen. Ein weiterer Umzug nach Russland ist damit leicht zu organisieren. Moskau bietet zudem wesentlich mehr Möglichkeiten und Annehmlichkeiten als Minsk.

Zwei weitere Immobilien werden der Ehefrau von Rami Makhlouf, Bruder von Hafez und bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien der reichste und einflussreichste Geschäftsmann des Landes, zugeschrieben. Auch Rami Makhlouf gehört zum engen Kreis Assads und steht unter westlichen Sanktionen.

Insgesamt vier Apartments werden dem Bericht zufolge tatsächlich als Wohnungen genutzt. Ein Vertreter der Capital Group, die den Komplex "Stadt der Hauptstädte" errichtet hat, wollte die Berichte nicht kommentieren. Dafür äußerte sich der russische Ex-Botschafter in Saudi-Arabien, Andrej Baklanow, gegenüber der "FT". Er erklärte, die Immobilienkäufe seien Resultat der westlichen Sanktionen gegen die Assad-Familie. "Es ist ganz natürlich, dass die syrische Elite ihr Geld in den Ländern anlegt, wo mit diesem Geld nichts passieren kann", sagte er.

Während die Assad-Familie in Russland wohl Unterschlupf gefunden hat, ist Moskau für gewöhnliche Syrer praktisch unerreichbar. Zwar veröffentlichte die Migrationsbehörde zuletzt 2016 offizielle Daten, doch damals, auf dem Höhepunkt der Fluchtwelle, waren gerade einmal 7.000 Syrer in Russland registriert. (André Ballin, 11.11.2019)