Kurz lässt sogar die Möglichkeit von Koalitionsgesprächen mit der FPÖ offen.

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Norbert Hofer habe den FPÖ-Abgeordneten Wolfgang Zanger mitsamt seiner NS-Nostalgie ("Es gab auch Gutes im Nationalsozialismus") und dem antisemitischen Liederbuch weiter gehalten und müsse deshalb als Dritter Nationalratspräsident zurücktreten: Wenn der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Oskar Deutsch, so etwas fordert, ist das nicht ganz unerheblich für ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Die "Einzelfall-FPÖ" und der "Ich habe das Durchgriffsrecht"-Hofer werden damit noch unglaubwürdiger.

Kurz hat sich stets um ein gutes Verhältnis zur Kultusgemeinde und zu den jüdischen Österreichern bemüht, ganz ignorieren kann er eine solche Ansage von Deutsch nicht.

Dass Kurz nun trotzdem sogar bei der Ankündigung, mit den Grünen formelle Verhandlungen aufzunehmen, die Möglichkeit von Koalitionsgesprächen mit der FPÖ offenließ, ist nicht nur Taktik. Er hat wiederholt bedauert, dass die "ordentliche Mitte-rechts-Politik", bei der man sich doch so einig gewesen sei, mit der FPÖ nicht fortgeführt werden konnte. Kurz verurteilt zwar jeden neuen NS-nahen Ausritt in der FPÖ als "widerlich", aber den Schluss, dass sich diese Partei niemals ändern wird, will er nicht ziehen. Wahrscheinlich ist er da nicht nur zynisch, sondern hält die FPÖ wirklich für regierungsfähig. Je länger sich die Verhandlungen mit den Grünen ziehen, desto mehr kommt die FP-Variante wieder ins Spiel. (Hans Rauscher, 12.11.2019)