Ab 18. November können Österreicher das Volksbegehren für ein bedingungsloses Grundeinkommen unterzeichnen.
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Wien – Letztlich geht es um Freiheit. Befürworter eines bedingungslosen Grundeinkommens wollen jedem Menschen die Sicherheit bieten, sich eigenständig zu entfalten, ohne auf eine Erwerbsarbeit angewiesen zu sein. Eine hehre Vision, die den typischen Enthusiasmus der Anhänger erklärt. Eine davon ist Stefanie Gapp. Die Volkswirtin und Verlegerin befürwortet das aktuelle Volksbegehren, das ein bedingungsloses Grundeinkommen in Österreich fordert.

Mit dem Projekt habe Gapp weder etwas zu tun, noch kenne sie die Initiatoren, aber das Thema verdiene mehr Aufmerksamkeit, sagt die Tirolerin. Denn sie ist überzeugt, viele der nebenberuflichen Autoren, die sie im Verlag betreut, würden "ein tolles Werk nach dem anderen produzieren, wenn sie die finanzielle Freiheit dazu hätten". Ähnliche Argumente finden sich in der Begründung des Volksbegehrens, das von 18. bis 25. November unterzeichnet werden kann.

Ein Grazer als Initiator

Wer zum ersten Mal davon hört, ist nicht allein. Hinter dem Vorstoß steht keine Partei, kein großer Verein, keine finanzstarke NGO, sondern eine Einzelperson aus Graz. "Es war eine Spontanaktion meinerseits", sagt Organisator Peter Hofer. Ursprünglich habe er nur 50 Personen via E-Mail mit der Bitte um Unterstützung und Weiterverbreitung angeschrieben. "Daraus sind 14.973 Unterschriften geworden", berichtet der Initiator, den die Eigendynamik überrascht habe. "Es war unglaublich. Ich bin noch immer völlig geflasht, weil ich so etwas nicht erwartet habe." Sein Werbeaufwand habe bloß 80 Euro betragen, nämlich für eine Website.

Er fordert in dem Volksbegehren ein monatliches bedingungsloses Grundeinkommen in Höhe von 1200 Euro für alle österreichischen Staatsbürger ab 18 Jahren, das ihnen ermöglicht, ein Leben "in Freiheit, Würde und Selbstbestimmung zu führen". Warum nur für Staatsbürger und nicht alle in Österreich lebenden Personen? Weil dies unter der türkis-blauen Regierung nicht möglich gewesen wäre, erklärt Hofer, man hätte ihm alle möglichen Hindernisse in den Weg gelegt. Eigentlich schwebe ihm vor, langfristig ein Grundeinkommen für alle Erdenbürger einzuführen.

Uneinheitliche Szene

Mit der Einschränkung auf Österreicher tun sich andere Befürworter eines Grundeinkommens schwer, weil es eben nicht bedingungslos ist. Dazu zählt Helmo Pape, Obmann des Vereins Generation Grundeinkommen. Er betrachtet die Initiative als "Schritt in die richtige Richtung", kritisiert aber, dass 1,5 Millionen Menschen, von denen einige in Österreich geboren worden seien und Steuern zahlten, vom bedingungslosen Grundeinkommen ausgenommen wären. "Es ist nur als Übergangslösung zu ertragen", sagt Pape, "weil es unsere Gesellschaft spalten würde."

Finanzieren will Organisator Hofer das Grundeinkommen über einen Solidaritätsbeitrag, der 0,94 Prozent auf alle in Österreich getätigten Umsätze betragen soll. Zu entrichten sei dieser Beitrag, den Hofer bewusst nicht als Steuer bezeichnen will, von allen natürlichen und juristischen Personen, also vom Obdachlosen bis zu den größten Konzernen des Landes.

Zudem würde viel Verwaltungsaufwand wegfallen, da ein Grundeinkommen andere Leistungen wie Arbeitslosengeld oder Mindestsicherung ersetzen würde. Ob dies zur Finanzierung ausreicht? Es würde sogar "sehr, sehr viel" übrig bleiben, also über die von Hofer kalkulierten 92 Milliarden Euro pro Jahr für das Grundeinkommen hinausgehen. Die Mittel könnten in Schulen, Krankenhäuser oder Straßen fließen.

Ziel: Eine Million Unterschriften

"Wenn das Volksbegehren eine Million Unterstützungserklärungen erhält, mache ich weiter. Sonst lasse ich es sein", sagt Hofer. Bei einer Million wäre es ein klarer Ausdruck des Willens des Souveräns, also des Volkes. "Und die Politik hat zu tun, was der Souverän will." Ob er dieses Ziel für erreichbar hält? Trotz des bisher positiven Feedbacks räumt Hofer ein: "Ich weiß es nicht."

Ob das Thema auf die notwendigen 100.000 Unterschriften kommt, damit es im Parlament behandelt wird, ist schwer abzuschätzen. Allerdings spricht dagegen, dass die erste Unterschriftensammlung gleichzeitig mit erfolgreichen Initiativen wie dem Frauenvolksbegehren und dem Don't-smoke-Begehren einherging. Wer sich die Zeit nahm, online per Handysignatur für eines der anderen Vorhaben abzustimmen, konnte den Vorstoß zum Grundeinkommen ohne Aufwand mitunterstützen. Ab 18. November muss sich die Initiative jedoch selbst behaupten.

Egal wie viele Menschen unterschreiben, für Unterstützer wie Stefanie Gapp steht eines im Vordergrund: "Die gesellschaftliche Diskussion über ein Grundeinkommen darf nicht abreißen." (Alexander Hahn, Leopold Stefan, 12.11.2019)