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Amazon wird erneut für seine Arbeitsbedingungen kritisiert.

Foto: REUTERS/Pascal Rossignol

Amazon-Mitarbeiter würden in Flaschen urinieren, weil sie Angst davor hätten, auf die Toilette zu gehen. Das sagte der Präsident der US-Handelsgewerkschaft RWDSU, Stuart Appelbaum, am Montagabend bei einer Diskussionsveranstaltung in Wien. Das Unternehmen sei eine "Gefahr für die Demokratie". "Wir müssen Amazon und die großen Technologieunternehmen zerschlagen", forderte der Gewerkschafter.

50 Prozent des US-Handels würde bereits auf Amazon-Seiten stattfinden, berichtete Appelbaum. Das seien "die Monopole unserer Zeit", und die Gewerkschaften müssten sie aufbrechen.

"Österreich muss wachsam sein"

In Bezug auf das im Frühjahr eröffnete Amazon-Verteilerzentrum in Niederösterreich sagte Appelbaum: "Österreich muss wachsam sein, wie Amazon seine Arbeiter behandelt. Überall sonst ist Amazon einer der schlechtesten Arbeitgeber überhaupt." Zwischen November 2018 und April 2019 sind laut dem Rat für Arbeitsgesundheit und -sicherheit (COSH) sechs Menschen in Einrichtungen von Amazon gestorben. Laut einer Studie der britischen Handelsgewerkschaft habe es innerhalb von drei Jahren 600 Notrufe gegeben, die von einem Amazon-Betrieb abgesetzt wurden. Weltweit beschäftigt Amazon 647.500 Menschen.

Auch in den USA gebe es, so Appelbaum, immer wieder Berichte von Amazon-Mitarbeitern, die während der Arbeit weinten, weil sie den Druck nicht aushielten. "Wenn Menschen zur Arbeit gehen, sollten sie auch unbeschadet wieder nach Hause kommen", sagte Appelbaum, bei Amazon sei dies aber nicht immer der Fall.

Amazon wollte Anfang des Jahres ein zweites Hauptquartier in den USA eröffnen. Mehrere Dutzend Städte buhlten damals um die Gunst des Handelsriesen. Amazon entschied sich schließlich für New York, weil der Big Apple dem Unternehmen drei Milliarden US-Dollar (2,72 Mrd. Euro) Steuervergünstigungen in Aussicht stellte. "Wir haben so viel Lärm gemacht in New York und so viele Argumente aufgebracht, dass Amazon sich zurückgezogen hat", sagte der Gewerkschafter. Der Widerstand der Lokalpolitik und der Gewerkschaften brachte Amazon im Februar dazu, seine Pläne für den Standort in New York aufzugeben.

Mindestlohn erhöht

Im vergangenen Jahr reagierte Amazon auf Kritik an den Arbeitsbedingungen mit einer Erhöhung des Mindestlohns. Der Online-Händler setzte für seine US-Mitarbeiter einen Mindestlohn von 15 Dollar pro Stunde fest. Zugleich wolle sich die Firma auch dafür einsetzen, dass der staatlich vorgeschriebene Mindestlohn von aktuell 7,25 Dollar pro Stunde angehoben werde, hieß es. "Wir haben unseren Kritikern zugehört, nachgedacht, was wir machen wollen, und beschlossen, dass wir die Bewegung anführen wollen", erklärte Gründer und Chef Jeff Bezos.

Mit Blick auf die Zukunft sagte Appelbaum: "Wir müssen die Machtverhältnisse in der Gesellschaft ändern." Man müsse die Gewerkschaften wieder stärken, und die Arbeitsgesetze in den USA müssten geändert werden. Für viele Amerikaner werde es immer schwieriger zu überleben, viele seien in prekären Arbeitsverhältnissen gefangen. Außerdem müsse man die US-amerikanische Gesundheitsversorgung verbessern. "Gesundheitsversorgung muss ein Recht sein und kein Privileg. Jeder sollte Zugang zu einer leistbaren medizinischen Versorgung haben." (APA, 12.11.2019)