Pinguine, Maskottchen von Linux

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Vor zwei Jahren hat München das Aus für Linux in der Verwaltung beschlossen. Das einstige Vorzeigeprojekt "Limux" galt nach 14 Jahren als gescheitert, SPD und CSU hatten sich entschieden wieder zu Microsoft zurückzukehren. Der Schritt war von mehreren Seiten heftig kritisiert worden. Münchens ehemaliger Oberbürgermeister Christian Ude übt noch heute Kritik daran und glaubt an ein Comeback.

"Politisches Kalkül wird nicht aufgehen"

Ude (SPD) hatte sich in seiner Amtszeit für den Einsatz von Open-Source-Software in der Verwaltung stark gemacht. Im Interview mit dem Linux-Magazin sagt er heute: "Ich denke, dass das politische Kalkül des Kurswechsels nicht aufgehen wird und irgendwann die Frage auftaucht: Warum hat man die schon eroberte Unabhängigkeit aufs Spiel gesetzt?" Auch zu den veranschlagten Kosten äußert sich der Ex-Oberbürgermeister skeptisch. 2017 hieß es, dass die Remigration zu Microsoft-Software 86 Millionen Euro kosten werde. Ude merkt jedoch an, dass die tatsächlichen Kosten praktisch immer höher seien als im Kostenvoranschlag. Er rechnet damit, dass das auch bei der Münchner Verwaltung der Fall sein werde.

Besuch von Steve Ballmer

Microsoft habe intensives Lobbying betrieben, so Ude und "jede Form der Seelenmassage" angewendet "vom galoppierenden Preisnachlass während einer einzigen Unterredung bis zum Einsatz des Megastars Bill Gates". Steve Ballmer, damals Vizepräsident bei Microsoft, sei direkt von einem Urlaubsaufenthalt in der Schweiz angereist. "Mit seiner bekannten Begeisterungsfähigkeit, mit der er auf Konferenzen dynamisch auf der Bühne herumspringt, sprang er bei mir im Amtszimmer herum und pries erst einmal die Schönheit Münchens. Aber dann sagte er, ich stünde vor einer katastrophalen Fehlentscheidung, die ich niemals vor irgendwem verantworten könne, vor allem vor keinem Steuerzahler." Ballmer habe in dem Gespräch mehrere Millionen Preisnachlass in Aussicht gestellt.

Auch mit Bill Gates habe er Kontakt gehabt. Auf dessen Frage, wieso München auf Linux setze, habe Ude geantwortet, dass man unabhängig sein wolle. Der Microsoft-Gründer habe den Schritt als "unsinnig" und "Ideologie" bezeichnet, erinnert sich der Ex-Oberbürgermeister. Tatsächlich waren auch Preiserhöhungen und der Rückzug von Support-Leistungen seitens Microsoft Gründe für die Entscheidung zum Wechsel zu Linux gewesen.

Politische Umfaller

Während die CSU immer gegen Linux aufgetreten sei, habe es bei der SPD und den Grünen "Umfaller" gegeben, so Ude. Der erste Vorstoß in Richtung Remigration zu Microsoft sei sogar von einer Politikerin der Grünen gekommen. Die SPD habe das Projekt 2013 noch als Pioniertat gelobt, ein Jahr später aber schon wieder zu Microsoft tendiert. (red, 12.11.2019)