"Ein so schöner Nacken wird dennoch, wenn ich es befehle, durchschnitten werden", pflegte Gaius Julius Caesar Germanicus sowohl seiner Frau als auch seiner Geliebten zu sagen, während er ihnen den Hals küsste. So berichtet es jedenfalls der Schriftsteller Sueton in seinem Werk "Über das Leben der Kaiser".
Der Charmeur mit einem Faible für sadistische Grausamkeiten ist unter seinem Spitznamen Caligula ("Stiefelchen") in die Geschichte eingegangen. So wurde er genannt, weil er schon als Zweijähriger im Legionslager seines Vaters Germanicus in einer Uniform mit "caligae", also Militärstiefeln, umherstolzierte. Aus dem süßen Legionärsmaskottchen wurde mit 24 Jahren der neue Augustus des römischen Imperiums.
Als solcher avancierte er zum Inbegriff des Cäsarenwahns – auch dank der Überlieferungen Suetons und anderer römischer Geschichtsschreiber. Doch wie viele der psychopathischen Gräuel, die Caligula und seinen zahlreichen verhaltensauffälligen Nachfolgern nachgesagt werden, sind historisch tatsächlich belegbar? Mit dieser Frage befasst sich die Ausstellung "Böse Kaiser" im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums Wien (KHM).
Zweifel an Überlieferungen
Den modernen Historikern steht zur Beurteilung der Augusti des Römischen Reichs ein reiches Bouquet an Chronisten zur Verfügung. Doch diese sind zumindest teilweise von zweifelhafter Zuverlässigkeit. Ältere Berichte stammen vor allem von Autoren aus dem Senatorenstand. Der Senat hatte jedoch oft genug ein gespanntes Verhältnis zum Kaiser. Später kamen noch die Werke christlicher Geschichtsschreiber dazu, die nach Gesichtspunkten der Religion urteilten.
Die antiken Autoren beeinflussen durch ihre mit persönlicher Meinung verbrämten Berichte unser Bild der Kaiser bis heute. Gut und böse sind jedoch keine wissenschaftlichen Kategorien, wie Klaus Vondrovec festhält. Der Kurator der antiken Münzsammlung des KHM hat sich mit der Ausstellung das Ziel gesetzt, das überlieferte Bild der Herrscher jenem gegenüberzustellen, welches diese selbst von sich verbreiten ließen. Doch wie funktionierte die Öffentlichkeitsarbeit in der Zeit der Cäsaren, als Social Media noch nicht zur Verfügung standen?
Münzen mit Programm
Das Transportmittel, mit dem die Herrscher ihre politisch-religiösen programmatischen Botschaften bis in die entlegensten Winkel des Reichs bringen konnten, war so einfach wie allgegenwärtig: Auf Münzen konnten die Bürger das Bildnis des gerade regierenden Augustus und anderer Angehöriger der kaiserlichen Familie ebenso sehen wie aktuell angesagte Gottheiten und Ruhmestaten des Herrschers.
Für Vondrovec war Licinius der Ausgangspunkt seiner Idee für die Ausstellung. Bei dem von 308 bis 324 regierenden Kaiser passen viele historisch und archäologisch belegte Fakten nicht zur antiken Überlieferung. Licinius wird von den Geschichtsschreibern alles erdenklich Schlechte nachgesagt.
Er hatte das Pech, auf der falschen Seite zu stehen. Der Adoptivsohn Diokletians hielt an dessen System der Tetrarchie fest: Vier Augusti sollten die Macht im Reich unter sich aufteilen und dieses gemeinschaftlich verwalten, wie es auch bei der Kaiserkonferenz von Carnuntum im Jahr 308 beschlossen worden war. Mit der Tetrarchie hatte Diokletian die Reichskrise des dritten Jahrhunderts in den Griff bekommen, nachdem sich in jahrzehntelangen Bürgerkriegen dutzende Kaiser jeweils meist nur kurz an der Macht halten konnten. Licinius' Gegenspieler war jedoch Constantinus I. – und dieser strebte unbeirrbar nach der Alleinherrschaft. Schritt für Schritt schaltete Constantinus seine Widersacher aus.
Sieg mit Chi-Rho
Im Jahr 312 wurde bereits Maxentius an der Milvischen Brücke vernichtend geschlagen. Zuvor habe Constantinus, so hieß es, die Vision gehabt, er solle das Christusmonogramm Chi-Rho auf die Schilde seiner Soldaten malen lassen: "In hoc signo vinces." Der Kampf um die Macht wurde von den Chronisten so zu einem Religionskrieg stilisiert, dabei waren wohl in beiden Armeen gleichermaßen Christen und Anhänger der alten Götter vertreten. Das Chi-Rho fand jedenfalls bald auch Einzug in die Münzbilder des Constantinus.
Sueton berichtet von den Ausschweifungen, der Verschwendungssucht und Gewaltexzessen Caligulas, der darin auch dem 150 Jahre später regierenden Commodus ähnelte. Dieser trat sogar als Herkules bei Gladiatorenkämpfen an. Sowohl Caligula als auch Commodus wurden schließlich selbst ermordet. Nero hingegen kam diesem Ende zuvor und tötete sich selbst. Ihm wurde neben den standestypischen Exzessen der Brand Roms im Jahr 64 angelastet. Vondrovec hält dagegen, dass Nero beim Ausbruch des Feuers nicht in Rom war, aber umgehend Maßnahmen vom Löscheinsatz bis zur Getreideverteilung koordinierte. Selbst Nero war also wohl nicht nur ein "böser Kaiser". (Michael Vosatka, 13.11.2019)