Auf der ausgeweiteten Beschuldigtenliste befinden sich jetzt Ex-ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger, Ex-Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP), Casinos-Aufsichtsratspräsident Walter Rothensteiner und Öbag-Chef Thomas Schmid.

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Wien – Die Ermittlungen um vermuteten Postenschacher bei der Casinos Austria AG sind am Dienstag ordentlich ins Rollen gekommen. Nachdem es bereits Mitte August zu Razzien bei den damaligen FPÖ-Granden Heinz-Christian Strache, Johann Gudenus sowie Hubert Fuchs und einigen anderen gekommen war, legte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nach: Sie filzte die Staatsholding Öbag, auch die Ex-Finanzminister Hartwig Löger, Josef Pröll (beide ÖVP) sowie Casinos-Aufsichtsratspräsident Walter Rothensteiner erhielten ungebetenen Besuch.

Es hat den Anschein, dass die Ermittler neues Material entdeckt haben und somit weitere Hausdurchsuchungen als erforderlich ansehen. Was das sein könnte? Spekuliert wird über einen Aktenvermerk Rothensteiners, über den DER STANDARD bereits im September berichtete. Demnach hat Löger den Casag-Präsidenten dazu gedrängt, die Bestellung von Peter Sidlo durchzusetzen. Hintergrund soll Druck seitens der Novomatic gewesen sein.

Sidlo hat sich unter der FPÖ-Regierungsbeteiligung zu einem Shootingstar gemausert. Erst zog er in den Generalrat der Nationalbank ein, dann wurde er zum Finanzvorstand der Casinos Austria (Casag) ernannt. Das war insofern bemerkenswert, als die Führungsspanne des früheren blauen Bezirksrat als Chef der kleinen Finanzgesellschaft Sigma bei sieben Personen lag, während die Casag 4000 Mitarbeiter zählt. Der Headhunter Egon Zehnder kam dann auch zum Schluss, dass Sidlo die Erfahrung für eine derartige Verantwortung fehle und er nicht ausreichend für den Job qualifiziert sei.

Gegengeschäft vermutet

Nach einer anonymen Anzeige wurde die Staatsanwaltschaft hellhörig. Die Behauptung des Insiders lautet sinngemäß: Die Bestellung sei Teil eines Gegengeschäfts gewesen. Der blaue Sidlo erhalte den Posten, die Novomatic – Großaktionär der Casinos – im Gegenzug Glücksspiellizenzen. Die Schilderungen in der Anzeige waren derart detailreich, dass ihr die WKStA Glauben schenkte und die Razzien durchführte.

Damit erhält die Causa zusätzliche Brisanz. Mit Hartwig Löger steht nun nicht nur ein ehemaliger Finanzminister auf der Beschuldigtenliste, sondern auch ein Kandidat für die nächste Regierung. In Medienberichten wird der früherer Versicherungsmanager als Favorit von ÖVP-Chef Sebastian Kurz als alter Neuer für das Finanzministerium gehandelt, auch wenn er in seinem Ressort nicht nur Zustimmung fand. Mit Walter Rothensteiner wird nun nicht nur der Casinos-Präsident verdächtigt, sondern auch der Generalanwalt des mächtigen Raiffeisen-Sektors. Josef Pröll wiederum war ÖVP-Chef, Vizekanzler und ebenfalls Finanzminister. Hauptberuflich ist er Chef der Raiffeisen-Holding Leipnik Lundenburger, zu der neben Mühlen und Kaffeeautomaten Beteiligungen wie jener am Zuckerkonzern Agrana oder an der deutschen Lagerhausgruppe BayWa zählen.

Und da wäre noch der neue Chef der Staatsholding Öbag, Thomas Schmid, davor Kabinettschef im Außen- und Finanzministerium. Die Öbag verwaltet die Beteiligungen der Republik an OMV, Post, Telekom Austria, Verbund, Bundesimmobiliengesellschaft und eben der Casag. Schmid wurde eine passive Rolle bei der Vorstandsbesetzung in der Casinos Austria nachgesagt. Er habe sich im Streit zwischen den anderen Großaktionären, der Novomatic und der tschechischen Sazka-Gruppe, herausgehalten, meint ein Insider.

Von den neuen Verdächtigen zu Wort gemeldet hat sich nur Löger, der alle Anschuldigungen zurückwies. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, Andreas Schnauder, 12.11.2019)