22.581 Teilnehmer in 1.309 Workshops: So lautet die Bilanz des Projekts "Werkstadt Junges Wien", bei dem Kinder und Jugendliche ihre Visionen für die Stadt sammeln konnten.

Foto: PID/Martin Votava

In "Prüfberichten" sollten die Kinder und Jugendlichen ihre Wünsche an die Stadt deponieren.

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Die Mistkübel sollten weiter unten hängen, weil die Kinder zu klein sind "und da nicht raufkommen", wünscht sich die achtjährige Mona. Sie ist eine von 22.581 Kindern und Jugendlichen, die an einem Workshop der "Werkstadt Junges Wien" teilgenommen haben. Von Februar bis April konnten hier die Jüngsten ihre Vorschläge zur Verbesserung der Stadt sammeln. Diese sollen in der Wiener Kinder- und Jugendstrategie, die kommendes Frühjahr den Gemeinderat passieren wird, Einzug finden, diese gar bestimmen.

Denn Wien sei als das Bundesland mit dem niedrigsten Durchschnittsalter in den vergangenen Jahren zum "Jugendzentrum Österreichs" geworden, sagte Jugendstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) am Montag bei einem Hintergrundgespräch. Die Kinder und Jugendlichen hätten "eine genaue Vorstellung, wie diese Stadt aussehen soll". Die Dynamik, die das Projekt erreicht hat, habe auch den Politiker überrascht – schließlich habe man auf eine Beteiligung von etwa 10.000 Jungen gehofft.

Vorgegeben wurde den Arbeitsgruppen wenig: So sollten die Kinder und Jugendlichen sammeln, was gut und was schlecht läuft, sowie Vorschläge für Verbesserungen und Wünsche deponieren.

Topthema Umweltschutz

Die Ergebnisse der 1.309 Workshops wurden von den Kindergärten, Schulen und Jugendzentren in einem "Prüfbericht" zurück an die Stadt geschickt, über den Sommer war diese mit der Auswertung beschäftigt. Gemessen an der Gesamtzahl der Ideen, Hinweise und Verbesserungen spielte das Thema Natur und Umwelt die größte Rolle bei den Jungen.

Probleme sehen sie vor allem im Bereich Umweltverschmutzung, jedoch stört sie auch der Hundekot im öffentlichen Raum und dass es zu wenige Parks und Grünflächen gibt. Unter die fünf häufigsten Nennungen haben es auch noch der Dreck durchs Rauchen und fehlende Mistkübel geschafft. Die Wunschliste der Teilnehmer führt klar ein Mehr an Bäumen, Wäldern und Grünflächen an. Doch auch bessere Mülltrennung oder Plastikreduktion wird gefordert, vereinzelt beispielsweise auch eine "Blumenpflicht" für alle Fenster.

Weniger Autos, bessere Öffis

Ein großes Anliegen ist den Jungen auch der Verkehr. Zu viele Autos würden Lebensraum wegnehmen und die Luft verschmutzen. Zu wenig werde dafür auf die Kleinsten geachtet. Ampelphasen seien oft zu kurz, Zebrastreifen fehlten. Ein großes Lob gab es für den öffentlichen Verkehr. Doch gerade in Gegenden außerhalb des Stadtzentrums beschweren sich die Jungen über zu lange Wartezeiten. Geht es nach ihnen, sollten zudem die Öffis billiger werden und mehr sowie bessere Radwege entstehen: So gibt es etwa den Ruf nach deren Verbreiterung, damit Kinder neben und nicht hinter ihren Eltern in die Pedale treten können.

Unter dem Punkt "Chancen und Zukunft" wurden die Bereiche Bildung, Soziales und Wohnen zusammengefasst. Hier gibt es den Wunsch nach billigerem Wohnraum und Maßnahmen gegen Wohnungslosigkeit. Gezeigt habe sich in den Workshops und Berichten der Teenager aber auch, dass Schule als Lebensraum wahrgenommen wird – weshalb es auch den Ruf nach einer besseren Ausstattung und Mitsprachen in den Lernstätten gibt.

Breite Beteiligung

Stolz sei man in der Stadt auch darauf, dass es mit den "Werkstädten" geschafft wurde, eine große Bandbreite der Jugend abzubilden. So wurden 35 Prozent der Workshops im Schulkontext der Sechs- bis Zehnjährigen abgehalten, gleich gefolgt von 17 Prozent, die in der außerschulischen Jugendarbeit, etwa Jugendzentren oder der Parkbetreuung, stattfanden. Aber auch in Arbeitsmarkt-Institutionen wie Berufsschulen oder überbetrieblichen Lehrwerkstätten wurden die Jugendlichen befragt, bis hin zu Einrichtungen der Jugendwohlfahrt.

Die Vorschläge der Jungen habe ein Fachbeirat in neun Themenbereiche zusammengefasst und in Ziele für die Strategie der Stadt definiert. Alle Dienststellen der Stadt wurden zudem angewiesen, bestehende und geplante Maßnahmen, die zu diesen Zielen passen, zu übermitteln. Gesammelt wurden bis jetzt rund 450. Dazu werden weitere aus den Vorschlägen der Kinder entstehen.

Bevor die Strategie aber im Gemeinderat Anfang 2020 beschlossen wird, sollen bis zu 250 Kinder und Jugendliche am 20. November bei einer Konferenz im Rathaus über das Papier beraten. Wenn ab 2020 die ersten Maßnahmen umgesetzt werden, soll es ein stetiges Monitoring durch die Jungen geben. Ein eigenes Budget gibt es für das Projekt allerdings nicht. (Oona Kroisleitner, 12.11.2019)