US-Präsident Donald Trump und sein türkischer Amtskollege Tayyip Erdoğan trafen einander schon mehrere Male. Bisher hielt sich die Sympathie in Grenzen.

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Als Donald Trump vor bald drei Jahren ins Weiße Haus einzog, setzte Tayyip Erdoğan große Hoffnung in ihn, um die angespannten Beziehungen zu verbessern. Worauf der türkische Präsident diese Hoffnungen gründete, war schon damals sein Geheimnis – war der Republikaner doch nicht dafür bekannt, besondere Sympathie für die Türkei zu hegen. Nun, da Erdoğan erneut nach Washington aufbricht, um mit dem US-Präsidenten über Syrien und andere Konflikte zu sprechen, ist offensichtlich, dass diese Hoffnung enttäuscht wurde.

Zwar waren die Beziehungen der Türkei zu den USA auch früher nicht einfach, doch so schlecht wie heute stand es noch nie. Das Misstrauen der Türken gegenüber den USA wird derzeit nur noch übertroffen von der feindseligen Stimmung, die der Türkei im US-Kongress entgegenschlägt. Besonders deutlich wurde dies, als das US-Repräsentantenhaus Ende Oktober die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord einstufte.

Über Jahrzehnte hatten die Abgeordneten ähnlichen Resolutionen aus Rücksicht auf ihren Nato-Partner die Mehrheit verweigert. Doch solche Rücksicht gilt nicht länger. Im US-Kongress wird zudem ein Sanktionspaket vorbereitet, um die Türkei für den Kauf russischer S-400-Luftabwehrraketen und die Offensive gegen die kurdische YPG-Miliz in Nordsyrien zu bestrafen. Wenn die Sanktionen beschlossen werden, dürften sie die türkische Wirtschaft hart treffen.

Armenien-Resolution als Konfliktstoff

Viele Türken sehen in der Armenien-Resolution einen weiteren Beweis für die feindliche Haltung der USA. Schon die Militärhilfe für die YPG galt ihnen als feindseliger Akt, ist die syrische Kurdenmiliz doch eng verbunden mit den PKK-Rebellen in der Türkei. Viele Türken sind zudem überzeugt, dass die USA hinter dem Putschversuch vom Juli 2016 stecken. Warum sonst sollten sie sich weigern, den mutmaßlichen Drahtzieher Fethullah Gülen auszuliefern?

Wie prekär die Beziehungen sind, zeigt sich auch daran, dass Erdoğan es sich nach der Armenien-Resolution bis vergangene Woche offengehalten hat, ob er tatsächlich in die USA fliegen werde. Ganz offensichtlich hatte er Zweifel, dass ihm der Besuch unter den aktuellen Umständen nutzen würde. Doch letztlich hat Erdoğan wohl erkannt, dass das direkte Gespräch mit Trump seine beste Chance ist, um eine weitere Verschlechterung des Verhältnisses zu verhindern.

Istanbul braucht Washington

Für den türkischen Politikexperten Burhanettin Duran geht es im aktuellen Konflikt um weit mehr als gewöhnliche Meinungsverschiedenheiten. Vielmehr sehe die Türkei im Vorgehen der USA "feindliche Akte gegen ihre nationalen Interessen", schreibt der Direktor des regierungsnahen Istanbuler Politikinstituts Seta. Dennoch verstehe Erdoğan, "dass Trump der mit Abstand mächtigste Akteur in Washington ist, den die Türkei für sich gewinnen muss".

Erdoğan ist es bereits mehrfach gelungen, Trump im direkten Gespräch wichtige Zugeständnisse abzuringen. So ordnete Trump nach einem Telefonat Anfang Oktober zum Entsetzen vieler Verbündeter den Abzug der US-Truppen aus Nordsyrien an und machte damit den Weg für den türkischen Angriff auf die YPG frei. Für Erdoğan war dies ein wichtiger Erfolg, forderte er doch seit Jahren, dass die USA ihre Militärhilfe für die syrische Kurdenmiliz einstellen.

Allerdings war der Triumph nur von kurzer Dauer. Denn angesichts scharfer Kritik aus seiner eigenen Partei vollzog Trump eine neuerliche Kehrtwende und beorderte hunderte US-Soldaten zurück nach Syrien, um die Ölfelder der Kurden zu schützen. Schon vergangenen Dezember hatte Trump nach einem Telefonat mit Erdoğan den Befehl zum Abzug gegeben, dann aber angesichts des Widerstands von Militärs und Diplomaten den Plan revidiert. Für den Politikanalysten Soner Cagaptay vom Washington Institute bleibt "trotz allem die Trump-Erdoğan-Beziehung in einer Zeit akuter politischer Differenzen und schwindenden Vertrauens zwischen den Institutionen beider Länder einer der wenigen noch funktionierenden bilateralen Kanäle".

Allzu große Hoffnungen in das Treffen sollte Tayyip Erdoğan dennoch nicht setzen. Denn Donald Trump hat schon oft bewiesen, dass mit ihm zwar schnell Deals zu machen sind, aber auf sein Wort oft weniger Verlass ist. (Ulrich von Schwerin aus Istanbul, 13.11.2019)