Weiter in Bau: Das Parlamentsgebäude am Wiener Ring ist noch nicht benutzbar, die Sitzungen finden in den Ausweichquartieren statt.

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Wien – Der Nationalrat hat Mittwochnachmittag gegen die Stimmen der SPÖ Mautausnahmen für fünf Autobahnabschnitte beschlossen. Damit sollen Regionen, die besonders von Ausweichverkehr betroffen sind, entlastet werden.

Konkret geht es um Abschnitte der Inntalautobahn A12 (Kufstein Süd), der Westautobahn A1 (Salzburg Nord), der Rheintal/Walgau-Autobahn A14 (Anschlussstelle Hohenems), der Linzer Autobahn A26 und der Mühlkreisautobahn A7 (noch zu bauende Bypassbrücke zwischen Ausfahrt Hafenstraße und Urfahr). Bis Februar 2021 sollen die Auswirkungen evaluiert werden.

Belastung der Bevölkerung

Darauf nahm auch der Grünen-Mandatar Hermann Weratschnig Bezug. Bis 2021 sei nun Zeit, Alternativen auszuarbeiten. Denn für ihn ist die Vignette ohnehin kein Instrument einer sinnvollen Steuerung des Verkehrs. Seine Klubkollegin Nina Tomaselli sah den heutigen Tag schon als leisen Abschied von der Vignette. Dass die Ausnahmen durchgewunken werden, begründete Weratschnig damit, dass die Bürger rasch entlastet werden müssten.

Neos-Verkehrssprecher Johannes Margreiter schlug in die selbe Kerbe. Die Argumente des Verkehrsministers, der schon seit Monaten vor den drohenden Einnahmen-Ausfällen warnt, hätten Gewicht. Jedoch habe die Belastung der Bevölkerung ein Ausmaß erreicht, wo eine sofortige Maßnahme notwendig sei.

FPÖ: Kniefall vor Touristen

Seitens der Freiheitlichen machte Verkehrssprecher Christian Hafenecker darauf aufmerksam, dass durch die Befreiungen 30 bis 35 Millionen im Jahr verloren gingen, die dann etwa für Lärmschutzmaßnahmen und Tunnelbau fehlen würden. Auch werde kein Österreicher entlastet, vielmehr handle es sich um einen Kniefall vor Touristen. In letzter Konsequenz stimmte die FPÖ dennoch zu.

Die SPÖ tat dies (ebenso wie Philippa Strache) nicht. Verkehrssprecher Alois Stöger war der Meinung, dass die Länder ohnehin selbst tätig werden könnten. Die Landesregierungen seien aufgefordert, entsprechende Verkehrsverbote zu erlassen und mit geeigneten Mitteln zu kontrollieren. Der heutige Beschluss sei das Gegenteil von dem, was man gerade in der Klimadebatte besprochen habe. Zugestimmt hätte die SPÖ nur, wenn die Maßnahme befristet worden wäre.

Für die ÖVP handelt es sich dagegen um eine ganz wichtige Maßnahme, wie der Abgeordnete Peter Haubner betonte. Damit werde ein Kapitel geschlossen, das eine 22-jährige Geschichte habe.

Eine deutsche CSU-Abgeordnete aus dem nahegelegenen Wahlkreis Rosenheim bejubelte die Maßnahme auf Twitter.

Klimaschutz

Zweiter größerer Tagesordnungspunkt war der umstrittene Klimaplan der Regierung – mangels großer Gesetzesvorhaben. Umweltministerin Maria Patek verteidigte, was "trotz eingeschränkter Handlungsfreiheit" zuletzt an Einzelmaßnahmen beschlossen wurde. Die Fraktionen sahen das anders und richteten einen Nachbesserungsappell an die Bundesregierung.

In einem Entschließungsantrag forderten die Parlamentarier die Regierung dazu auf, "den unionsrechtlichen Verpflichtungen im Klimaschutz vollumfänglich nachzukommen" und den Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) entsprechend zu überarbeiten, "damit Österreich seine Klimaziele mit den darin beschriebenen nationalen Maßnahmen nachvollziehbar erfüllen kann". Dazu, so der von den Grünen eingebrachte Antrag, sollten Emissionen noch vor Mitte des Jahrhunderts über die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens hinaus auf Netto-Null reduziert werden. Die Debatte war von Bekenntnissen zum Klimaschutz geprägt, wobei Neos und Grüne den langjährigen Regierungsparteien ÖVP und SPÖ Versäumnisse in den vergangenen Jahrzehnten vorhielten.

"Aktuellen Stunde" zur Zukunft der EU

Ein weites Themenfeld hat die ÖVP im Nationalrat mit ihrer "Aktuellen Stunde" zur Zukunft der EU in bewegten Zeiten geöffnet. Gesprochen wurde über verschiedene Themen, vom verhinderten Beitritt Nord-Mazedoniens über türkische Drohungen bis zu den aktuellen Koalitionsverhandlungen in Österreich. Letzteren Themas nahm sich FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl an, der eine Flüchtlingswelle auf Österreich zurollen sieht und deswegen Schreckensbilder bezüglich Türkis-Grün malte.

Am Mittwoch standen zudem diverse erste Aussprachen ("Lesungen") zu diversen Gesetzesanträgen auf der Tagesordnung – vom Kopftuchverbot an Schulen bis 14 Jahren (FPÖ) bis zu einer Aufhebung des Amtsgeheimnisses (Neos). (red, APA, 13.11.2019)