Seit kurzem ist das Fairphone 3 in vielen Märkten verfügbar. Es ist das dritte Mal, dass das gleichnamige niederländische Unternehmen versucht, mit einem auf Nachhaltigkeit und Ethik fokussierten Handy aufzuzeigen. Fairphone-Gründer Bas van Abel, der heute im Aufsichtsrat der Firma sitzt, sprach mit dem STANDARD über die Herausforderungen und Zukunft des Projekts.

Das neue Handy wirft Fragen bezüglich der Hardwarestrategie der Firma auf. Lieferte man mit der zweiten Generation des Fairphones noch Highend-Hardware, fällt das aktuelle Modell in die Mittelklasse. Die scheinbare Inkonsistenz liege an der Abwägung des Zeitraums, über den die Hardware für die Nutzer relevant bleibe, so die Erklärung. Die Performancesprünge bei den Smartphone-Prozessoren würden mittlerweile immer kleiner, daher bestünde keine Notwendigkeit, den allerschnellsten Chip zu verwenden. Das senke auch den Preis des Geräts.

Im STANDARD-Test konnte das Fairphone 3 in den meisten Belangen überzeugen.
Foto: DER STANDARD/Pichler

Kein Android One, um Google-Nähe zu vermeiden

Eine Frage, die sich auch stellt ist, wieso Fairphone nicht auf Android One setzt. Dies würde Fairphone einen Teil der Entwicklungsarbeit im Softwarebereich abnehmen und zudem Versionsupdates über zwei und monatliche Sicherheitsupdates über drei Jahre garantieren. Man habe von Anfang an gewusst, dass man einige Änderungen an Androids Codebasis machen wolle, heißt es dazu von van Abel. Zudem sei Android One "sehr stark an Google angebunden" und man bevorzuge es hier, "so unabhängig wie möglich" zu bleiben.

In Sachen Softwareupdates gehört Fairphone zu den eher behäbigen Herstellern. Das möchte man offenbar ändern. Das Fairphone 3 soll fünf Jahre lang mit Software- und Sicherheitsupdates versorgt werden. Derzeit arbeitet man außerdem an den Plänen für künftige Hardware-Upgrades in Form neuer Module, die Nutzer selbst in ihr Handy einbauen können.

"Noch weit" von hundertprozentiger Fairness entfernt

Technisch sei das Fairphone 3 seinem Vorgänger nicht nur bei der Leistung überlegen, sondern vor allem auch in Sachen Kamera und Akkulaufzeit. Zur fairen Lieferkette für Gold, Wolfram und Zinn kommen nun auch Verbesserungen bei der Zulieferung von Kobalt hinzu. Außerdem zahle man Boni an Mitarbeiter in der Fertigung aus, um die Lücke zwischen den Mindestlöhnen und Gehältern, die für das wirtschaftliche Existenzminimum erforderlich sind, zu füllen.

Alle Mineralien aus Konfliktgebieten kommen nun aus Minen, die als "konfliktfrei" gelten, also nicht von Warlords betrieben werden und bessere Arbeitsbedingungen bieten. Dazu wurden bei der Gewinnung von Gold weitere Maßnahmen gesetzt, um Kinderarbeit zu vermeiden.

Man sei stolz auf das bisher Dennoch sei das Fairphone "noch weit davon entfernt", hundertprozentig "fair" zu sein. Die größte Herausforderung sei, dass man beim Aufbau vieler Lieferketten ganz von vorne beginnen müsse. Zuerst müsse eine Mine gefunden werden, die die eigenen Standards erfüllt und dann gelte es, jeden Zulieferer von Komponenten davon zu überzeugen, das dort gewonnene Material für die Produktion heranzuziehen.

Bas van Abel hat 2013 Fairphone gegründet und war bis Oktober 2018 auch CEO der Firma.
Foto: Fairphone

Kritik an Smartphone-Schlankheitswahn

Während Fairphone ein sehr kleiner Player am Smartphonemarkt ist – von den ersten beiden Handys wurden insgesamt 175.000 Stück verkauft – habe man es geschafft, Nachhaltigkeit etwas stärker auf die Agenda zu setzen, sagt Bas van Abel. Eine wirklich große Rolle spiele sie aber noch nicht. Er kritisiert etwa den anhaltenden Trend zu sehr schlanken Smartphones, bei deren Konstruktion stark auf Kleber gesetzt wird. Bei diesen ließe sich der Akku nicht einfach vom Nutzer selbst tauschen und sie seien generell schwer zu reparieren, was dazu führe, dass sie schneller mit neuen Geräten ersetzt werden.

Leicht reparierbare, modular aufgebaute Produkte wie das Fairphone selbst könnten einen "signifikanten" Beitrag zur Reduktion von CO2-Emissionen leisten, erklärt van Abel. Gerade die IT-Branche habe keinen besonders guten ökologischen Fußabdruck. Die zunehmende öffentliche Debatte über den Klimawandel sorge für mehr Interesse am Fairphone, der Erscheinungstermin des Fairphone 3 habe aber nichts mit dem Aufkommen von Bewegungen wie Greta Thunbergs "Fridays 4 Future" zu tun.

Kein 5G fürs Fairphone 3

Enttäuschen muss das Unternehmen alle, die auf eine 5G-Version des neuen Fairphones gehofft haben. Die Einführung des neuen Standards für Mobilkommunikation stecke noch in den Kinderschuhen. Zudem gebe es regulatorische Unsicherheiten und daher auch unterschiedliche Varianten der Technologie, die untereinander konkurrieren. Daher habe man sich entschieden, beim Fairphone 3 auf 5G-Support zu verzichten.

Auch andere Geräte, etwa faire Kopfhörer oder Fernseher, will man nicht entwickeln. Zwar gäbe es dank des wachsenden Bewusstseins der Konsumenten Nachfrage für mehr faire Produkte, man bleibe aber auf das Smartphonegeschäft fokussiert. Mit dem Fairphone wolle man gesellschaftliche Änderungen bewirken und um den dafür notwendigen Einfluss zu gewinnen, zielt man darauf ab, mehr Marktanteil zu gewinnen. Angesichts der Dominanz etablierter Marken wie Samsung, Huawei und Apple ohnehin keine leichte Aufgabe. (Georg Pichler, 14.11.2019)