Ernst Bauer vom Institut für Festkörperphysik der TU Wien.

Foto: TU Wien

Wien – Der deutsche Physiker Thomas Johann Seebeck (1770-1831) entdeckte 1821 einen thermoelektrischen Effekt, der schließlich nach ihm benannt wurde: Der Seebeck-Effekt bewirkt, dass elektrische Spannung generiert wird und Strom fließen kann, wenn zwischen den beiden Enden eines bestimmten Materials – eines sogenannten Thermoelektrikums – ein Temperaturunterschied besteht.

Physiker der TU Wien berichten nun im Fachjournal "Nature" von einem Material, das mit bisher unerreichter Leistungsfähigkeit Wärmeunterschiede in Elektrizität umwandelt. Die Leistung eines thermoelektrischen Materials wird mit der sogenannten thermoelektrischen Gütezahl (ZT) ausgedrückt – je höher der Wert, desto besser seine thermoelektrischen Eigenschaften. Die besten Thermoelektrika kamen laut TU bisher auf ZT-Werte von 2,5 bis 2,8. Das Team um Ernst Bauer vom Institut für Festkörperphysik hat jedoch eines entwickelt, das auf einen ZT-Wert von 5 bis 6 kommt.

Neue Mischung

In dem Material werden Eisen, Vanadium, Wolfram und Aluminium kombiniert. Diese Mischung wird als dünne Schicht auf einen Siliziumkristall aufgetragen. Dadurch ändert sich die Struktur des Materials radikal – mit der Konsequenz eines sehr geringen elektrischen Widerstands und einer geringen Wärmeleitfähigkeit, den gesuchten Eigenschaften eines thermoelektrischen Materials.

Die beste Leistungsfähigkeit erzielt das Material laut Bauer bei einer Temperatur von rund 100 Grad Celsius. Für diesen Temperaturbereich gab es zwar schon seit den 1960er Jahren Thermoelektrika basierend auf Bismuttellurid. Sie enthalten also Tellur, das sehr selten und auch giftig ist.

Mögliche Anwendungen

Den Forschern ist bewusst, dass eine so dünne Schicht wie die von ihnen entwickelte keine großen Energiemengen generieren kann, "aber dafür ist sie extrem kompakt und anpassungsfähig", so Bauer. Genutzt werden könnte das Material künftig etwa, um Sensoren oder kleine elektronische Anwendungen ohne aufwändige Verkabelung mit Strom zu versorgen.

Konkret haben die Wissenschafter gemeinsam mit dem Unternehmenspartner des CD-Labors, der AVL List in Graz, mit dem Material als Energiequelle neue drahtlose Messtechnik entwickelt, die etwa in Motorenprüfständen eingesetzt wird. Das Material soll dabei auf der heißen Motorenoberfläche Elektrizität liefern, um Sensoren mit Datenverarbeitung und Funkkommunikation zu betreiben, die die Messergebnisse drahtlos an einen Computer senden. Dafür wurden bereits zwei Patente eingereicht. Auch beim "Internet of Things", wo eine Vielzahl an Anwendungen, Sensoren und Geräte miteinander verknüpft sind und ihr Verhalten aufeinander abstimmen, seien solche Lösungen gefragt. (red, APA, 15. 11. 2019)