US-Armeefahrzeuge in der Provinz Hassakeh, in Rmeilan, wo Öl gefördert wird. Die USA wollen die syrischen Ölfelder schützen, offiziell vor allem vor dem IS, aber wohl auch vor dem Assad-Regime.

Foto: AFP / Delil Souleiman

Für US-Präsident Donald Trump bedeutet Syrien "Sand und Tod" und "endlose Kriege": An das schöne Erdöl haben ihn wohl seine Strategen erinnert, um ihn zu überzeugen, die Truppen doch nicht, wie es der US-Präsident eigentlich wollte, komplett aus Nordsyrien abzuziehen. Die Trump'sche politische Linie hat seit Oktober, als der US-Präsident den Rückzug von der syrisch-türkischen Grenze anordnete und damit der Türkei grünes Licht für ihren Einmarsch gab, mehrere Stadien durchlaufen: von "die Kurden sind auch keine Engel" über "wir werden die türkische Wirtschaft zerstören" bis zu "wir bleiben in Syrien und nehmen uns das Öl".

Damit ist gemeint, dass die USA ihre Präsenz im ostsyrischen Gebiet von Deir ez-Zor, wo sie in Tanf eine Militärbasis haben, nicht nur erhalten, sondern ausbauen. Der letzte Stand ist, dass die Öleinkünfte den kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) zukommen, die ja auch die Verwaltung in dem Gebiet und damit die Ölgewinnung kontrollieren. Der SDF-Kommandant, der Kurde Mazlim Abdi, hat vor wenigen Tagen in einem Tweet bestätigt, dass er sich erneut auf einen Deal mit den USA eingelassen hat.

Die Kooperation der Kurden

Vor kurzem sind Kurden weltweit gegen den "Verrat" der USA an den syrischen Kurden auf die Straße gegangen. Jetzt versuchen diese einen interessanten Spagat. In den Gebieten, in denen die Türkei in Schach zu halten ist, kooperieren sie mit dem syrischen Regime und Russland. In Deir ez-Zor hingegen kooperieren sie mit den USA, um das syrische Regime fernzuhalten.

Denn das ist wohl das Hauptziel der aufrechterhaltenen Präsenz der USA. Eine Kontrolle über das Gebiet und seine Ressourcen – und Einnahmen! – würde das Assad-Regime strategisch und wirtschaftlich entscheidend stärken. Das gilt es zu verhindern – genauso wie der wachsende iranische Einfluss hintangehalten werden soll. Durch das Gebiet führt der berühmte iranische "Korridor" vom Iran bis zur Mittelmeerküste.

Einen Fuß in der Tür zu lassen und bei der Neuordnung Syriens mitzumischen ist jedoch für die USA ein argumentatives Nebengleis. Schon während Trump in die Welt hinausposaunte, dass er das "Öl behalten" will, wurde Verteidigungsminister Mark Esper nicht müde, die offizielle Linie zu wiederholen: Die USA würden mit den SDF weiter zusammenzuarbeiten, um die Ölfelder dem Zugriff des "Islamischen Staats" zu entziehen. Wobei Experten die Stärke des IS im Moment nicht so einschätzen, dass er imstande wäre, die Ölfelder zurückzuerobern – auch wenn er durch den türkischen Einmarsch und die damit verbundene Schwächung der kurdischen Milizen wieder Luft zum Atmen bekommen hat.

Aber der Kampf gegen den IS stellt nun einmal die einzige rechtliche Grundlage für die US-Präsenz in Syrien dar, auch gegenüber dem eigenen Kongress: durch die AUMF (Authority of Use of Military Force) von 2001, nach den Al-Kaida-Angriffen von 9/11. Diese Autorisierung gilt jedoch natürlich nicht für das Vorgehen gegen staatliche Akteure, also auch nicht gegen die syrische Armee. Vor allem Trumps Angeberei mit dem Öl, das er behalten wollte, hat seine Juristen wohl die Haare raufen lassen: Es gibt keinerlei rechtliche Grundlage dafür – und es bestätigt die schlimmsten Vorurteile gegen die USA. Der von Russland erhobene Vorwurf des "Staatsbanditentums" wäre dafür durchaus zutreffend.

Kriegsgeschädigte Ölindustrie

Syrien hat nur mittelmäßige Ölreserven, die Förderungskapazitäten sind durch den Krieg stark beeinträchtigt. Das Gebiet um Deir ez-Zor fiel nach Beginn des Aufstands 2011 zuerst an Rebellen, dann an den IS, bis es von den SDF mit US-Hilfe zurückerobert wurde. Zur Rehabilitierung der Ölindustrie wollte Trump US-Ölfirmen – er nannte Exxon Mobile – hinschicken. Bei der ungeklärten politischen und rechtlichen Lage wird sich das jedoch kein Unternehmen antun wollen.

Bleibt die Frage nach der Rolle der Kurden: Es ist richtig, dass ihre Zusammenarbeit mit den USA ihre Position Damaskus – und natürlich der Türkei – gegenüber erst einmal stärkt. Nun haben sie doch nicht alles verloren. Das gilt aber eben nur, solange die USA dortbleiben. Und bei Trump weiß man bekanntlich nie.

Gleichzeitig verschlechtern sie aber ihr Verhältnis zu Russland und zu Damaskus – wohin sie sich ja in einem ersten Moment um Hilfe gewandt haben. Sie müssen danach trachten, so schnell wie möglich zu den Verhandlungen über die politische Zukunft Syriens zugelassen zu werden, bei denen sie jetzt nicht vertreten sind. Ob sie ihre Ausgangsposition dadurch, dass sie noch einmal auf die USA setzen, verbessern, bleibt noch zu sehen. (Gudrun Harrer, 14.11.2019)